Slash feat. Myles Kennedy and The Conspirators
am 15. April 2024 in der Uber Eats Music Hall in Berlin.
Vor kurzem bin ich bei einer Recherche über eine Ausgabe der BRAVO aus dem Jahr 1995 gestolpert. Darin auch ein Nachbericht zum »Rock im Park«-Festival, das damals noch im Münchner Olympiastadion stattfand. Darin zu finden ein Bericht über den Auftritt von Slash’s Snakepit, der damaligen Soloband des Gitarrenhelden, zu einer Zeit, in der Guns N’Roses längst heillos zerstritten waren. Das Ganze keine Lobeshymne, lautet das Fazit des Reviews dann wie folgt: »Der Guns N’Roses Gitarrist (…) wirkte nachmittags um halb vier noch nicht ganz fit. Slash und seine Band Snakepit enttäuschten (…) viele Fans«.
Fast Forward. Berlin, knapp 29 Jahre später. Im Rahmen einer Welttournee und insgesamt vier Deutschlandkonzerten haben sich Slash feat. Myles Kennedy and The Conspirators für einen Abend in der Hauptstadt angekündigt. Die Halle ist voll, auf den umliegenden Parkplätzen viele Autos mit Bandlogos in der Heckscheibe. Die Kennzeichen lassen erahnen, welche Strecken manche auf sich genommen haben, um Band und Meister heute Abend live zu erleben. DD liegt da noch im Nahbereich. Kurz vor 20 Uhr herrscht vor der Halle Crossover. Bushido spielt in der benachbarten Arena. Auf dem Platz zwischen beiden Venues mischen sich die Fans – Kutten und Sneaker, Klunkerketten, schwarzer Stretch.
Als ich in die Halle komme, stehen bereits Mammoth WVH auf der Bühne. Die Band von Wolfgang Van Halen, seines Zeichens Sohn des 2020 an Krebs verstorbenen Eddie Van Halen kommt solide daher, spielt eingängigen Alternative-Rock, der die Rolle als Support für die Hauptband gut ausfüllt – mehr aber auch nicht.
Die Hauptband stürmt um kurz vor neun die Bühne, begleitet vom frenetischen Applaus des Publikums. Drummer Brent Fitz drischt in die Felle, Sänger Myles Davis, auch bekannt als Frontmann von Alter Bridge, ist zwar erkältet, was er aber professionell zu kaschieren weiß. Gesanglich unterstützt wird er über den Abend ohnehin regelmäßig vom Bassisten Todd Kerns, der stimmlich komplett auf Augenhöhe rangiert.
»The River Is Rising« schallt als erstes Stück durch die Boxen. Als Namensgeber der Tour setzt der treibend-mitreißende Song vom letzten Album die Atmosphäre des Abends. Was folgt, ist ein wohl kuratierter Mix an Songs verschiedener Dekaden. Will heißen, neben eigenen Stücken der letzten vier Alben spielt die Band den Guns N’Roses Song »Dont‘ Damn Me« vom 1991 erschienenen Album »Use Your Illusion I«, als Cover Elton Johns »Rocket Man« und den Hit von Lenny Kravitz »Always On The Run«, an dessen musikalischer Entstehung Slash maßgeblich beteiligt war.
Den schwersten Job an diesem Abend hat vielleicht ohnehin Rhythmusgitarrist Frank Sadoris, der schon mit der Vorband auf der Bühne stand und somit bereits die zweite Schicht stemmt. Und Slash? Der macht das, was er am besten kann: Seiner Gibson Les Paul die Riffs und Soli zu entlocken, derentwegen das Publikum schließlich angereist ist. Unter schwarzem Zylinder und hinter spiegelnder Sonnenbrille zeigt der Mann, warum er immer noch als einer der besten Gitarristen der Welt gehandelt wird. Das hier ist großes Kino. Kurzum: Die Jungs haben Bock, sicher im Sound beherrscht man die Gesten einer großen Rockshow. Das Publikum feiert jeden Song und jedes Riff. Stilecht werden vor, während und nach den insgesamt mehr als 20 Songs tausende Biere und Pommesgabel-Gesten als Zeichen tiefer Anerkennung gen Bühne gereckt. Das hier ist’ne Rockshow und alle haben Spaß!
Ich weiß nicht, ob an diesem Abend Kollegen oder Kolleginnen der BRAVO mit anwesend waren oder ob Slash für das Blatt überhaupt noch Relevanz hat. Ein Fazit könnte sich aber so lesen: »Der Guns N’Roses Gitarrist wirkte abends um neun unfassbar fit. Slash und seine Band begeisterten ihre Fans mit jedem Song und jeder Note.«
Text + Bilder: Matthias Hufnagl
Slash tourt mit der Show noch bis zum 29. April 2024 in Europa: www.slashonline.com/tour/
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