Planet der Affen – für Cie. Freaks und Fremde ist »Loving the Alien« ein Kinderspiel
21. November 2015 – Schon die Begrüßung fällt befremdlich aus: Sabine Köhler, Heiki Ikkola und Tobias Herzz Hallbauer alias Sønderling lümmeln an einem Tresen, dem Publikum die kalte Schulter oder besser den Rücken zugewandt. Edward Hoppers »Nighthawks« winken da mal kurz rüber. Da kann gleich ohne großes Vorgeplänkel in die Vollen gegangen werden.
Sønderling klemmt seine androgyne Gestalt mit dem blonden Igel und den dunkel geschminkten Lippen hinters Mischpult und gibt für den Rest des Abends den Ton an. Seine Arrangements von Songs David Bowies tragen, Gott sei es gedankt, tatsächlich eigene Handschrift. Auch gesanglich versucht er nicht, Bowie zu imitieren. Wozu auch? Ebenso eigenwillig fällt die Performance von Sabine Köhler und Heiki Ikkola aus. Es wäre vielleicht ein Leichtes gewesen, Bowies Texte einfach zu bebildern. Aber Freaks und Fremde haben eine eigene Meinung. Und mit der landen sie in ihrer neuen Arbeit eben auf der Erde und versuchen den Blick von außen.
Was genau geht da aber denn nun eigentlich ab, bei einer Performance, die »das Fremde lieben« will? So einfach lässt sich das nicht beantworten. Das zeigt sich schon an den Assoziationsmöglichkeiten des Begriffes »fremd«: entfremden, verfremden, befremden. Unbekannt, außerirdisch, exotisch. Das kann man alles irgendwie entdecken, wenn plötzlich zwei Affen auf dem Tresen hocken und friedlich ins Publikum blicken oder Heiki Ikkola mit Klebeband über dem Mund und Schlafmaske über den Augen ein Schild hoch hält: »I'm in your universe now«. Ist das etwas Gutes oder etwas Schlechtes? Ungewohnt, unbekannt ist all dieses Fremde. Eins aber ist es in keinem einzigen Moment: beängstigend.
Vieles an diesem Abend kann man als »nicht vertraut« betrachten, aber Furcht vor Fremdem kommt nicht auf. Und das ist kein Zufall, sondern liegt eben genau in jenem Akt des Betrachtens, sofern dieser bewusst abläuft. In den Videoarbeiten von Marco Prill ziehen sich über einen längeren Zeitraum Nahaufnahmen von Augen durch die Szene. Der Zuschauer betrachtet dieses Betrachten und betrachtet Werden und betrachtet die Sache selbst. Die liegt zwar bekanntlich im Auge des Betrachters, aber so betrachtet kommt niemand umhin, das Fremde als fremd einfach anzunehmen. Tut man das, geschieht im nächsten Schritt nämlich automatisch etwas ganz Besonderes.
Rico Stehfest / Fotos: Jean Sebastian Nass
Nächste Vorstellungen: »Loving the Alien« am 21.11. und 5.12.2015 sowie am 8. und 9.1.2016, jeweils um 20 Uhr im Societaetstheater
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