Körper-Babel - »Eifo Efi« lässt in Hellerau die Ohren klingeln
Bereits 2010 begeisterten Fabrice Mazliah und Ioannis Mandafounis mit ihrer intimen Arbeit »P.A.D.« im Festspielhaus Hellerau. Die ungewöhnliche Körperlichkeit ihrer Bewegungssprache bestimmt auch ihre aktuelle Arbeit »Eifo Efi«. Der dunkle Tanzboden reflektiert jedes Detail und verlängert die Arme und Beine der beiden Tänzer hinein in eine weitere, irritierende Dimension. Im Programm angekündigte »mulitplicity« ergießt sich wie ein Schwall von Beginn an auf die Bühne: Die beiden Tänzer überfallen förmlich das Publikum, indem sie mit einer simultanen Suada starten. Unausgesetzte Beschreibungen von täglichen Begegnungen, Gedanken und Reflexionen überlagern sich derart, dass man keinem von beiden für längere Zeit folgen kann. Alles, was man wahrnimmt, sind Satzteile, einzelne Wörter. Die begleitenden Bewegungen sind schlichte Erläuterungen des Gesagten, Sichtbarmachungen von Details. Alles scheint ungerichtet, bis sich stellenweise und immer wieder einzelne Wörter und Satzfetzen fast überlagern, fast gleichzeitig geäußert werden. Diese kurzen, scheinbar greifbaren Momente entziehen sich jedoch aller Konkretheit und verschwinden augenblicklich wieder im diffusen Redeschwall.
Als einem schon längst die Ohren klingeln, verfallen Mandafounis und Mazliah ins Flüstern. Sie schreien, bis sie in ihren Bewegungen gänzlich einfrieren. Ein verqueres Tableau, Schweigen. Diese enorm laute Stille ist der Auftakt zu der für diese beiden Tänzer so auffälligen Körperlichkeit, die immer wieder Bilder ganz eigener Komik schafft. So sitzen sich beide mit ausgestreckten Beinen gegenüber und beginnen einen Bewegungsablauf, bei dem sie ihre Beine miteinander zu verflechten scheinen.
Kaum eine choreographische Arbeit wagt es, in 50 Minuten derart viel Text zu pressen. Aber die anfängliche Überforderung durch ein Zuviel an akustischen Informationen weicht schließlich einer erhöhten Aufmerksamkeit. Trotz des inflationären Einsatzes von Worten verlieren diese nicht grundsätzlich ihre Bedeutung, sondern werden stattdessen aufgewertet, indem der Zuhörer jedes einzelne Wort zu fassen sucht. Diese Vieldimensionalität geht tatsächlich im Zusammenwirken mit dem reflektierenden Boden ein Ganzes ein. Die beiden Tänzer richten ihre Blicke immer wieder nach unten, wie auch nach oben, als gäbe es da noch eine reflektierende Fläche, noch eine Dimension. Die nächste Dimension sind die Körper der Tänzer selbst. Oder wie Mandafounis es formuliert: »Ich bin nur die Blickwinkel, die ich einzunehmen in der Lage bin«.
Nächste Vorstellung: Festspielhaus Hellerau, 21. Dezember, 19 Uhr.
Rico Stehfest / Fotos: Dominik Mentzos
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