Gar wundersam – Das Performance-Duo Klatsch & Muff nimmt das Publikum mit in einen »Raum voller Welt«
01. Juni – Das hat etwas Unschönes. Nicht nur, dass dem Publikum im projekttheater vor der Vorstellung klare Verhaltensregeln ausgehändigt werden. Die Performerinnen drangsalieren die Zuschauer regelrecht. Jeder Besucher erhält einen Koffer, in dem er seine persönlichen Gegenstände verstauen muss. Dann hat man sich gefälligst in einer ordentlichen Reihe anzustellen. Der »Aufseher« ist missgestimmt. Das zeigt nicht nur sein Einsatz einer Peitsche. Zentral ist sein grimmiger Gesichtsausdruck. Der ist eingefroren in einer Maske. Davon tragen Nora Otte und Julia Schleißner an diesem Abend jede Menge. Dahinter verschwindet ihre Identität, sodass nur noch der starre Gesichtsausdruck bleibt. In einem farblosen, zweidimensional wirkenden Bühnenbild (Steffi Rehberg) steht dadurch die jeweilige Emotion einer jeden Maske als zentraler Punkt jeder Szene. Und immer dann, wenn man meint, die Emotion korrekt gelesen zu haben, verändert sich die Situation, und die gleiche Maske sagt etwas ganz Anderes. Durch die neutralen, identischen Kostüme sind beliebig viele Charaktere möglich. Das erinnert irgendwie ein bisschen an alte Arbeiten von Derevo.
Wozu aber die Koffer? Das soll hier nicht verraten werden. Auch nicht, warum Einige im Publikum eine Tüte mit Popcorn bekommen und Andere nicht. Ausgelassene Stimmung kippt um in ein Gefühl des Fremdelns, der Abwehr. Und dann kippt es doch wieder in eine andere Richtung. Trotzdem bleibt immer alles eindeutig. Das verblüfft. Vielleicht, weil wir so selten ohne Worte kommunizieren?
Der inhaltliche Ansatz der beiden Performerinnen ist einfach ihrem Namen abzulesen. Wir sind umgeben von Klatsch und Tratsch, und gleichzeitig sitzen wir irgendwie im eigenen Muff. Hier soll also die Diskursfähigkeit des Bürgers gefördert werden. Die scheint ja gerade so ziemlich flöten zu gehen. Alles also sehr aktuell. Und äußerst lobenswert. Und diese Form des Körpertheaters besetzt auch in Dresden gerade ein kleine Nische. Es lohnt sich, die beiden im Auge zu behalten.
Rico Stehfest / Fotos: PR
Nächste Vorstellung: 1. Juni, 21 Uhr.
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