Studentische Räuberbande im Bärenzwinger
Peter Förster und sein Ensemble geben sich zur nunmehr 20. Spielzeit des Dresdner Sommertheaters mit einem »Shakespeare von Schiller« die Ehre. Ein bisschen Shakespeare liegt schon in der Luft, als man den altehrwürdigen Bärenzwinger betritt. Das Bühnenbild mit den handgemalten Kulissen wirkt wie ein Kopfnicken zum Londoner Globe Theatre; auch wenn die dargestellten Landschaften Anleihen aus Gemälden Caspar David Friedrichs sind.

Bereits am Abend der Voraufführung am 8. Juli von »Die Räuber und ihre Bräute« ist der Bärenzwinger gut gefüllt mit allerhand Sommertheater-Wiederholungstätern, aber auch einigen Neuzugängen. Vor Applaus kann Förster kaum seine Ankündigung zu Ende bringen, da beginnt schon die wilde Fahrt. Als Karl von seinem Vater aus dem Elternhaus in Franken zur Leipziger Universität geschickt wird, fällt er aus allen Wolken. Doch ihm bleibt nichts übrig, als trotz des Abschiedes von Elternhaus und Jugendliebe Amalia sein Glück in diesem Kleinparis zu versuchen. So weit, so Schiller. Doch auch an Zitaten von Mit-Stürmer-und-Dränger Goethe wird keineswegs gespart.

Karl gerät also an eine Gruppe zügelloser Studenten und landet schlussendlich beinahe im Gefängnis, nachdem er sich nach einem feuchtfröhlichen Abend in Auerbachs Keller der Sittenwidrigkeit schuldig gemacht hat. Nun völlig blank, schreibt er an den Vater, der möge ihm doch eine rettende Kutsche senden, um ihn wieder heimzuholen. Doch Karls Bruder Franz, vom Vater stets benachteiligt, fängt den Brief ab und fälscht ihn, um Karl der Mitgliedschaft in einer »autonomen Räuberbande« zu bezichtigen. Die vermeintlichen Vergehen seines Lieblingssohns treiben Vater von Moor derartig in die Verzweiflung, dass er wünscht, ohne Umschweife aus dem Leben zu scheiden. In seiner Hilflosigkeit sucht Franz selbst nach einem Weg, um zurück nach Hause zu kommen und erhält dabei tatkräftige Unterstützung von den Studenten seiner »Räuberbande«, die den großen Postkutschenraub von Leipzig initiiert.

In der Anmoderation zum Stück heißt es mit Augenzwinkern, man würde nichts wiedererkennen und wenn doch, dann sei es universell, oder schon zu Schillers Zeiten schon so gewesen. Im Stück folgen Seitenhiebe zu aktuellen Kulturkämpfen und Generationenkonflikten. Darunter die wichtigen Talking Points des Konservatismus: Die Jugend ist faul und kann nicht richtig arbeiten, stellt sich aber moralisch über den Rest der Gesellschaft. Und dieser Zeitgeist setze sich auch politisch fort, wobei man auch den Vergleich zur DDR-Diktatur nicht scheut. An dem Punkt, wo sich sogenannte Klimakleber mit Harz im Wald festkleben, wird es leider albern. Der Ärger darüber wird so deutlich unterstrichen, dass die Dialoge in Anspielungen zu konkreten energie- und umweltpolitischen Kommentaren ausufern. Dabei gäbe es eine riesige Auswahl an Themen, die es sich lohnen würde aufs Korn zu nehmen und dem Publikum zu spiegeln. Es ist im Grunde auch nicht verkehrt, sich über linksliberalen Moralismus und gegenwärtige Formen von Protestkultur zu echauffieren. Es ist nur langweilig, weil es ja eh schon alle machen.

Die darstellerische Leistung hingegen ist überwiegend gut gelungen. Die Schauspieler wechseln mit Leichtigkeit in kürzester Zeit zwischen ihren Rollen. In der Hauptrolle des Karl von Moor zeichnet Simon Altmann einen feinen und überzeugenden Charakter. Und auch sonst ist das Stück stilsicher geschrieben: Die Reime sind nicht selten komplex, aber wirken doch ungezwungen.

Der gewohnt anstößige Humor Försters sorgt für Heiterkeit bei den Gästen. Das Stück stammt natürlich wieder aus eigener Feder. Mit ganzen 42 Aufführungen in weniger als 8 Wochen werden »Die Räuber und ihre Bräute« das bisher meistgespielte Dresdner Sommertheater sein. Noch bis Ende August ist die Komödie am Brühlschen Garten zu sehen.
Rebecca Klärner & Jakob Wilkening / Fotos: Tobias Kade

»Die Räuber und ihre Bräute«, bis 17. August sowie 22. bis 27. August 2023 tgl. außer montags 20 Uhr im Bärenzwinger. Abendkasse ab 19 Uhr. Tickets & mehr Infos: www.sommertheater-dresden.de/



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