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Weiterverwertung statt Wegwerfgesellschaft – Im Porträt: Das Nytt-Materialdepot
Im Porträt: Das Nytt-Materialdepot
■ In einer alten Lagerhalle in Pieschen sammeln David Richter und Bruno Grotsch seit 2016 Theaterrequisiten und Baumaterialien, um sie an Kreative weiterzuvermitteln. Sie fungieren damit als eine wichtige Schnittstelle zwischen institutionell geförderten Einrichtungen und der Freien Szene. Theoretisch können alle Interessierten ganz unkompliziert bei ihnen anrufen, um mal einen Blick auf die Sachen zu werfen. DRESDNER-Autor Stephan Zwerenz hat sich mit ihnen getroffen, um herauszufinden, was hinter den Kulissen der Theaterhäuser passiert.

Wie ist es denn zu der Idee einer Materialvermittlung gekommen?

Bruno: Ich arbeite seit etwa vier Jahren im Schauspielhaus und da bekam ich sehr schnell mit, wie die Abläufe dort sind. Wenn du eine Produktion hast, wird sehr viel Zeug produziert. Von einer Holzlatte, die dort verarbeitet wird, über Plastiken bis hin zum fertigen Bühnenbild. Und wenn das Stück dann abgespielt ist, dann wird auch das Bühnenbild entsorgt oder es wird auf unbestimmte Zeit eingelagert. Das Problem dabei ist, dass die ganzen Fundi eigentlich ständig überfüllt sind. Es wird also ziemlich viel weggeworfen, oft auch, was eigentlich noch verwendet werden könnte.

Wen sprecht ihr damit an?

Bruno: Das sind eigentlich alle gängigen Theaterhäuser der Stadt. Wir haben aber keine Lieferanten. Es gibt nämlich ein paar grundlegende rechtliche Probleme bei der Weitervermittlung und Weiterverwertung. Dabei geht es vor allem um Urheberrecht und Produkthaftung. Du hast zum Beispiel ein Podest, das ist mal für 20 Leute gebaut und zugelassen worden. Jetzt vermietest du es aber weiter und es stehen 30 Leute drauf, das Ding kippt um und es tut sich jemand weh. Was dann? Da greift die Produkthaftung, das heißt, dass der Tischler, der das Podest gebaut hat, nun dafür haftet.
David: Viele werfen ihre Requisiten lieber weg, statt sie abzugeben. Obwohl sie ja eigentlich froh sein müssten, wenn es nochmal in einer anderen Produktion auftaucht.
Bruno: Ja, und die Leute, die Bühnenbilder selbst entwickeln, sind meistens sehr aufgeschlossen für die Idee, dass ihre Sachen weiterverwendet werden.

Haben denn die Theater daran kein Interesse?

David: Die Theater selbst nicht unbedingt. Meistens stammen die Sachen von kleineren Produktionen und freien Gruppen, die ihren Lagerbestand aufräumen und Platz schaffen müssen. Und da dürfen wir dann mal drübergucken. Da ist der Draht einfach kürzer.

Was habt ihr für Kunden?

David: Einige Handwerker sind dabei, kleinere Theatergruppen und Crews, die Partys organisieren. Das sind unsere häufigsten Kunden. Da könnte aber auch noch mehr sein. Die Sachen anzuhäufen ist die eine Sache, aber wirklich spannend wird es ja erst, wenn die Sachen auch benutzt werden.
Vielen Dank!

Mehr Infos unter www.nytt-materialdepot.de
Ein ähnliches Projekt startet zur Zeit übrigens auch der Konglomerat e.V.: www.konglomerat.org/werkbereiche/materialvermittlung.html

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