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Brezel Göring

Psychoanalyse, Vol. 2

(Stereo Total / Flirt 99)


»Défoncé« heißt der erste Song dieses Albums – »zugedröhnt« auf deutsch, aber auch »demoliert«, »kaputt«. Brezel Göring singt auf französisch, der Muttersprache seiner 2021 verstorbenen künstlerischen und privaten Partnerin Françoise Cactus. Mehrmals ist ihre Stimme zu hören, in vielen Songs taucht sie zudem inhaltlich auf. Vielmehr geht es auf »Psychoanalyse, Vol. 2« jedoch um Brezel Göring selbst, der passend zur namensgebenden Therapieform monologisierend in sich selbst herumkramt. An die Oberfläche kommen zumeist die anfangs genannten Zustände: zugedröhnt etwa auf »Meine Medizin«, einer Art deutschen (und noch zerbrechlicheren) Version von »Waiting for my man«, demoliert in »Sanfter Wahn«, das sich direkt an Cactus richtet (»Wärst du noch hier wäre das alles nicht passiert«). Das ist an vielen Stellen traurig, oftmals steht dieser Tristesse jedoch Görings lakonischer Humor gegenüber. Der wirkt fast trotzig gewillt, den ganzen Niederschlägen etwas entgegenzusetzen, sich selbst vielleicht auch nicht ganz so ernst zu nehmen. Zynisch wird es dabei nie, und an manchen Stellen ist klar zu merken, dass jetzt nicht einmal mehr der Humor weiterhelfen kann, dass die Kraft fehlt für den Witz, der von der Realität übermannt wird. Insbesondere diese Stellen sind es, in denen sich auch für die Zuhörer etwas öffnet.
Anton Schroeder
www.brezelgoering.de/
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