Hamburg Spinners
Der magische Kraken
(Légerè Recordings)
Das Hamburger Instrumental-Quartett um Carsten »Erobique« Meyer an der Hammond-B3-Orgel hat bereits ein Jahr nach Veröffentlichung der wunderbaren Debüt-LP »Skorpion im Stiefel« das Nachfolgealbum draußen. Ging es auf der ersten Platte beatlastiger, song-orientierter und getragen von nächtlicher Aufbruchsstimmung eher um die Erkundung des flirrenden Kiezes, taucht man mit dem neuen 11-Track-Album in versponnene und teils dunkle Sphären ab. Gleichzeitig sind die Songs raffinierter, psychedelischer und mutiger als auf der ersten Platte. Da fand man noch leichter die Referenzen für diesen schönen Mod-Jazz-Soul-Blues und konnte fein dem Alltag entgrooven. Aber es fehlte, bei aller Klangschönheit, ein bisschen an Waghalsigkeit und Experimentierfreude. Die ist hier nun deutlich ausgeprägter. Das beweisen hörspielartige Tracks wie »Die große Flaute« oder funky Bluesinstros wie »Klar zur Wende«, das sich im Song zur Jam-Session steigert. Souliger und strukturierter wird es mit »Jeanskutter«, der uns wieder in hellere Gefilde führt. Richtig großartig wird es dann aber mit »Durchs Meer der Quallen«: Der cineastische Filmsound, der jazzige Soul, das Verändern der Melodien und Rhythmen, das ausufernde Jammern ist ein Genuss. Der steigert sich durch wiederholtes Hören und durch den Folgetrack »Die Ledermuränen kommen!«. Der erzählt etwas rockiger das Konzept der ständigen Veränderung im Song weiter und verdammt alle Quatschnasen im Raum zum andachtsvollen Schweigen. »Grottenrally« lässt wieder Booker T and the MG in der Erinnerungsrinde leuchten und mit »Tentakel am Horizont« treibt man von Heimweh blau gefärbt an das herbei halluzinierte Ufer zurück. Eine Platte wie ein Tauchgang in ein psychedelisches Nichts.
DJ Cramér
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