Gianluigi Trovesi/Gianni Coscia
Frère Jacques
(ECM)
Klarinettist Gianluigi Trovesi und Akkordeonist Gianni Coscia haben mit ihrer Aufarbeitung von Fiorenzo Carpi und Kurt Weill bereits fröhlich-melancholische Urständ’ gefeiert. Nie ging das Duo dabei bloß ans Interpretieren, immer schritten sie auch mit Eigenem zwischen die Linien, so dass sich Original und Neukomposition untrennbar miteinander verbanden. Für die Kobolde von Jazz, Klassik und Volksmusik ist der »Champs-Élysées-Mozart« Offenbach ein Heimspiel. Aller Schalk und Raffinesse der Italiener werden in der Begegnung mit dem französischen Operettenfeger des 19. Jahrhunderts offenbar. In ihrer »Schwäche« für die »Niederungen der Musik« haben sie hier wahrhaft ihren Bruder gefunden: »Frère Jacques«.
Der hatte seinerzeit mit Witz und Frivolität Sitten und Kompositionskollegen karikiert, eine Operette kreiert, die ein scharfzüngiges Florett schwang im Vergleich zu den orchestral aufgeplusterten Wiener Säbeltanzschwestern.
Die beiden Zausel der kunstvollen Unterhaltung lassen mit Charme und Humor, Eleganz und Virtuosität eine Tarantella tanzen im Pariser Plüsch-Boudoir, E und U Hand in Hand durch die Straßen und Hinterzimmer walzen. Das so leicht Hingeworfene, geradezu Circensische ist hohe Musizierkunst, oft wird taktweise in neue Tonarten moduliert, blitzschnell Metrum und Stil gewechselt, »Genre-Hopping« par excellence. Und: Das »Pariser Leben«, es mag funkeln und glitzernd verlocken, aber es kriecht auch regennass übers nächtliche Trottoir, wenn die Champagnerperlen im Boudoir längst verpufft sind. Es galoppiert und trottet, schleicht und kullert mit munterem italienischen Akzent an Mozart und Offenbach vorbei, die Hände klatschend auf den Bouquinisten-Ständen sitzen und sich eins grinsen.
HAltma
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