■ Großstädtische Schnoddrigkeit, Melodien wie Zuckerwatte: Andreya Casablanca und Laura Lee scheinen mit ihrer Band Gurr ein Rezept gefunden zu haben, wie man mit handgemachtem Garagen-Pop ein musikalisches Erdbeben auslöst. Das Resultat: ein internationaler Hype folgt ihnen auf Schritt und Tritt. DRESDNER-Autor Matthias Hufnagl erreicht die Band folgerichtig auf Tour, kurz vor einem Konzert im englischen Leeds. Die Leitung schlecht, die Laune exzellent – ideale Voraussetzungen für ein Gespräch über Hype, Hipster und die Selbstverständlichkeit als Frau Rockmusik zu machen.
Wie muss man sich die Gründungstage der Band vorstellen?
Laura Lee: Wir haben uns in Berlin in der Uni kennengelernt und nach einem Jahr in einem Proberaum an der Warschauer Straße eingemietet. Auf einer Charity Party im Wohnzimmer irgendwo am Rosenthaler Platz haben wir dann unser erstes Konzert gespielt, dass aus drei Songs bestand.
Stichwort musikalische Sozialisation: Kommt ihr aus Künstlerfamilien, oder war die Musik eine Flucht aus der Bürgerlichkeit?
Laura Lee: Bis auf einer in meiner Familie, der es auch beruflich macht, haben die anderen semiprofessionell musiziert, in Jazz-Bands gespielt und gesungen. Deswegen musste ich auch ein Instrument lernen, habe mit Klavier angefangen, dann rebelliert und irgendwann gesagt, ich mach stattdessen Schlagzeug. Schließlich habe ich angefangen in Indierock- und Pop-Punk-Bands zu spielen, die versucht haben wie Joy Division zu klingen.
Andreya Casablanca: Es gab einen Geiger, war aber nicht so, dass ich mit Musik aufgewachsen bin. Meine Eltern haben sich eher gefragt, wie ich überhaupt Musikerin geworden bin. Mit 16 oder 17 hatte ich meine erste Band, hätte aber auch nicht gedacht, dass ich das mal Vollzeit mache.
Ihr seid viel unterwegs. Sehnt ihr euch schnell nach zuhause. Wann kommt der Tourkoller?
Laura Lee: Das dauert schon ein bisschen. Es ist gerade sehr angenehm, da wir auch viele Off-Tage haben. Daher würde ich sagen, ein paar Monate. Dann ist man aber schon froh, wieder mal in Berlin zu sein.
Wie entstehen eure Songs?
Laura Lee: Zuerst steht die Musik, dann kommt der Text. Es gibt ein paar wenige Sachen, die wir zusammen geschrieben haben. Meistens aber fängt eine alleine an, dann wird es mit nach Hause genommen und etwas darauf geschrieben.
Euer Debüt »In My Head« wurde 2016 veröffentlicht. Steigt für euch persönlich die Bedeutung der Platte noch mit der Resonanz der Fans?
Laura Lee: Während der Aufnahmen haben wir auf keinen Fall gedacht, dass Leute in England irgendwann mal Textzeilen mitsingen können. Gerade jetzt auf Tour merken wir, dass wir immer noch davon geflasht sind, was uns das Album ermöglicht. Wir freuen uns aber auch darauf, wieder etwas Neues zu veröffentlichen und spielen auch schon neue Songs.
Ihr werdet gerne in die Nähe der Riot-Grrrl-Bewegung der 90er gerückt. Fühlt ihr euch damit wohl?
Laura Lee: Wir fühlen uns der englischen Musikszene näher. Hier ist es kein Nischending, sondern voll normal für die Leute, wenn Frauen Rockmusik machen. Man muss nicht extra drauf hinweisen.
Wenn über euch gesprochen oder geschrieben wird, fallen oft die Wörter »hip« und »Hipster«. Stört euch das?
Laura Lee: Nee, am Anfang war das voll das Kompliment. Ich fand auch nicht, dass das ein schlimmes Wort ist, es hat mich nie verletzt.
Wart ihr vom Hype um euch überrascht?
Laura Lee: Voll.