■ Das aktuell erlassene Prostitutionsschutzgesetz betrifft auch ganzheitliche Massagestudios wie etwa das Dresdner Studio »Sinnesart«, das in seiner Existenz bedroht wird. DRESDNER-Autor Hagen Lippmann hat sich mit Christin Kuss (Masseurin) und Tobias Nicolai (Seminarleiter) von »Sinnesart« getroffen, um über Sinn und Unsinn des neuen Gesetzes und den Diskurs über Sex und Gesellschaft zu sprechen.
Im Gespräch mit Mitarbeitern des Massagestudios »Sinnesart« zu den Folgen des ProstitutionsschutzgesetzesDas aktuell erlassene Prostitutionsschutzgesetz betrifft auch ganzheitliche Massagestudios wie etwa das Dresdner Studio »Sinnesart«, das in seiner Existenz bedroht wird. DRESDNER-Autor Hagen Lippmann hat sich mit Christin Kuss (Masseurin) und Tobias Nicolai (Seminarleiter) von »Sinnesart« getroffen, um über Sinn und Unsinn des neuen Gesetzes und den Diskurs über Sex und Gesellschaft zu sprechen.
Anhand von »Amorelie« und dem Anbieter für vegane Kondome, »Einhorn«, lässt sich erkennen, dass das Gewerbe rund um die Erotik in Richtung Mitte der Gesellschaft wandert. Würdet ihr dem Trend zustimmen und wo würdet ihr euch mit »Sinnesart« positionieren?
Tobias: Die Sexualität wird heute offener gelebt. Du hast einen Teil der Gesellschaft, der sich mehr damit beschäftigt, in allen Punkten. Dann hat man den anderen Teil, der die Sexualität nur in Bezug auf den Geschlechtsakt erlebt und das vermehrt und überall. »Sinnesart« verknüpft Spiritualität und Sinneserfahrung in Form einer qualitativen Beschäftigung.
Christin: Was im Kontext zu Sexualität gezeigt wird, ist eher das pornographische, leistungsorientierte, was erst mal spannend wirkt, weil es noch nicht lange so massiv da ist. Aber wie ist es denn wirklich? Was brauche ich eigentlich wirklich? Institute wie Sinnesart geben einen da diese Auffangstation, in der man auf natürliche Art und Weise lernen kann und die Vielfalt erkennt, die der Mensch braucht.
Aktuell ändert sich gerade die Rechtslage durch das Prostitutionsschutzgesetz. Inwiefern betrifft es »Sinnesart« und wie steht ihr dazu?
Christin: Eigentlich sollte das Gesetz dazu da sein, Frauen in dem Gewerbe zu schützen. Aber so wie es jetzt aussieht, ist es eher so, dass es viele Frauen einschränkt. Sie werden mit der Meldepflicht in eine Schublade gesteckt, die durch den Begriff der Prostitution eher negativ behaftet ist, ohne dass gleichzeitig eine Aufklärung stattfindet, was das eigentlich alles umfasst. Das betrifft ganzheitliche Massagen genauso wie Bordelle. Alles wird in einen Topf gesteckt. Du wirst stigmatisiert und in eine Ecke gesteckt. Das schreckt viele ab.
In Deutschland wird das Thema Sex eher im Privaten ausgehandelt. Würdet ihr euch mehr öffentlichen Diskurs darüber wünschen und wie sollte der stattfinden?
Tobias: Das Thema wird öffentlich angesprochen, aber genau falsch. Was angesprochen wird, ist der Geschlechtsverkehr. Typische, rudimentäre sexuelle Reize siehst du ja an jeder Straßenecke, aber Sinnlichkeit fällt hinten runter. Ich habe gehört, dass es jetzt schon im Kindergarten sexuelle Aufklärung gibt, aber auch da wird es auch eher um den physischen, anatomischen Aspekt gehen. Die emotionale Bindung wird zu wenig beachtet. Apps wie Tinder zeigen einen ähnlichen Trend. Es kann keine innige, sinnliche Ebene entstehen. Dein Partner wird komplett austauschbar.
Christin: Ich würde es schön und wichtig finden, wenn jeder Mensch die Möglichkeit hat, sich aufklären zu lassen, wann er es möchte und dass es Räume gibt, die ein gewisses Angebot darbieten, sobald Fragen entstehen. Im Grunde bietet das Sinnesart ja für Erwachsene an.
Was würdet ihr euch wünschen?
Christin: Für Sinnesart wünsche ich mir, den heilenden Aspekt von Massagen mehr in die Öffentlichkeit zu bringen und gesellschaftliche Anerkennung zu finden, dass es auch Menschen gibt, welche die Sexualtherapie ganzheitlich anbieten wollen, dass es Aufklärung in geschützten Räumen schafft.
Tobias: Ich würde mir wünschen, dass gerade für Jugendliche auch eine Aufklärung im Bereich der Sinnlichkeit angeboten wird, dass es gesellschaftlich okay ist, sich damit auseinander zu setzen und es sogar mit staatlicher Förderung unterstützt wird, so dass jeder Zugang dazu bekommen kann.