■ Die Stimme klingt verlebt, die Texte handeln von Liebe, Wahnsinn und den Tragödien unserer Zeit. Der junge Schweizer Faber lässt keinen Raum für Floskeln. Schonungslos wird besungen, was er sieht, denkt und fühlt. Unbequem ist das und dabei herrlich mitreißend. DRESDNER-Autor Matthias Hufnagl traf die neue Antihoffnung aus Zürich in einer Barecke in der Mitte Berlins und sprach mit ihm über seine Liebe zu Max Frisch und die Bürde als Eidgenosse auf Hochdeutsch zu singen.
»Warum, du Nutte, träumst du nicht von mir?« An wen ist die Zeile gerichtet?
Faber: Das kann ich nicht sagen.
Dein Vater ist der Liedermacher Pippo Pollina – wie rebelliert man als Sohn eines Musikers?
Man rebelliert ganz normal. Man geht nicht zur Schule, kippt sich zu, schwänzt und fliegt raus. Was man halt so macht.
Wie lange musstest du tingeln und auch mal Ablehnung ertragen, bist du gemerkt hast, die Leute wollen genau das hören?
Faber: Das war so ein Zwischending. In Zürich hatte ich immer das Gefühl, dass die Leute es schon anerkennend gut finden, aber es hat natürlich kaum jemand gefallen. Das war, als ob ich ein krasses, klassisches Klavierkonzert produziere und mir alle Leute sagen, es ist gut, aber nichts damit anfangen können. Genauso hat sich das angefühlt. Es ist gut, aber es gefällt mir nicht.
Wann hat sich das geändert?
Faber: Mit dem ersten Konzert in Deutschland. Da war es das erste Mal so, dass es Leuten auch wirklich gefallen kann.
Hat das etwas damit zu tun gehabt, dass du auch in der Schweiz auf Hochdeutsch singst?
Faber: Auf jeden Fall. Wir Schweizer mögen die Deutschen nicht und die Schweizer mögen noch viel weniger Schweizer, die auf Deutsch singen. Das geht wirklich gar nicht.
Für dich demnach die besten Voraussetzungen?
Faber: Die besten Voraussetzungen – man kann sich gleich ins Knie schießen.
Warum hast du dich dafür entschieden?
Faber: Ich habe mich nicht dafür entschieden. Wir haben lange in einer Band gespielt, in welcher der Sänger kein Schweizerdeutsch konnte. Er hat die Texte also auf Hochdeutsch geschrieben. Als ich das übernommen habe, habe ich es einfach in der Tradition der Band weitergeführt. Abgesehen davon finde ich es gerade in der Schweiz lächerlich, wenn so viele Leute fragen, warum ich das auf Deutsch mache. Es wird nie eine englische Band in der Schweiz gefragt, warum sie das auf Englisch macht. Dabei ist das viel whaker. Ich glaube Schriftsteller wie Max Frisch oder Dürrenmatt wurden auch nicht gefragt, warum sie ihre Bücher nicht auf Englisch schreiben.
Es kursiert die Geschichte, du wolltest dich als Max Frisch Verehrer ursprünglich »Homo« nennen und hast dann erst auf »Faber« umgeschwenkt.
Faber: Ja, das ist eine geile Story. Die stimmt nicht.
So werden immerhin die Wörter »Homo« und »Faber« in deinem Kontext genannt ...?
Faber: Hin und wieder sage ich Unwahrheiten. Boris Johnson, Mr. Brexit, hat mal gesagt, dass man sich eine gute Geschichte nicht von der Wahrheit kaputt machen lassen soll. Er gehört zu den Leuten, die vielleicht besser irgendwie Komiker oder Rockstar als Politiker geworden wären.
Die Geschichte du hättest Sophie Hunger deine Lieder vorgespielt, während sie renoviert hat ist demnach auch gelogen?
Faber: Nein, das stimmt. Eine tolle Geschichte. Ich hätte die auch erfunden, aber diesmal stimmt sie halt.
Und dann rief Frau Hunger irgendwann an, um dich mit auf Tour zu nehmen?
Faber: Ja voll. So à la: »Es waren erst zwei Konzerte, hast du dann Zeit, das wäre mega schön.«
Und weiter?
Faber: Es waren tatsächlich die ersten zwei Faber Konzerte, die es je gegeben hat. Ja brutal. Ich war so aufgeregt. Auch wegen der vielen Leute im Publikum, aber in erster Linie schon auch wegen ihr.
Eine Kritikerin?
Faber: Ja und ein großer Fan.
Zurück zur neuen Platte: Wen willst du mit deinen Texten auf deine Seite ziehen, wen provozieren und wen verjagen?
Faber: Das ist eine schwierige Sache. Natürlich geht die Kritik raus, aber nicht nur an andere Leute. Ich will mich da nicht unbedingt ausschließen. Nicht in jedem Song, aber ich darf mich da nicht herausnehmen, bin da in derselben Verantwortung. Ich möchte mich lieber nicht verjagen. In puncto »auf die Seite ziehen« bin ich mir durchaus bewusst, dass ich die meiste Zeit zu Gleichgesinnten predige. Wir haben also schon grob dieselben Ideen. Was das Provozieren angeht, bin ich überrascht, dass man mit einem Wort wie »Nutte« überhaupt noch provozieren kann. Sido hat 2005 schon den »Arschficksong« gemacht.
Faber ist live am 22. Juni gemeinsam mit Die Orsons, Die Höchste Eisenbahn, Meute, Giant Rooks und weiteren Acts und DJs beim Unirocks Campus Festival ab 19 Uhr am Campus der TU Dresden zu erleben: www.unirocks.de
Mehr zum Künstler: www.fabersingt.com/