Wird Smudo die Kulturszene retten?

Durch die Tracing-App »Luca« sollen Kulturerlebnisse wieder ermöglicht werden – Von Stephan Zwerenz

Spätestens seit dem Auftritt bei Anne Will am 28. Februar ist die Tracing-App »Luca« in aller Munde. Sicher hat die große Aufmerksamkeit auch damit zu tun, dass der Hip-Hopper Smudo von den Fantastischen Vier an der Entwicklung der App beteiligt war und sie dementsprechend energisch bewirbt. Seinen Worten entsprechend wurde die App dazu entwickelt, damit »Kultur bald wieder möglich wird«. Doch was kann die App eigentlich und ist sie wirklich so innovativ, wie Entwickler behaupten?

Die Grundintention von »Luca« ist es, die Gesundheitsämter zu entlasten. Bei Veranstaltungen waren die Organisatorinnen bisher in der Pflicht Kontaktlisten auf Papier zu führen. Im Falle einer Infektion mussten Mitarbeiter des Gesundheitsamtes händisch alle Listen von Veranstaltungsorten durchsuchen, an denen sich eine infizierte Person aufhielt. Dementsprechend schnell waren die Ämter überlastet und eine Kontaktverfolgung nicht mehr möglich.

Mit »Luca« können Kontaktlisten nun sehr einfach digital geführt werden. Die App erstellt dazu einen QR-Code. Gäste scannen den Code ein und werden damit automatisch in die Kontaktliste eingetragen. Praktischerweise kann der Code auch einfach ausgedruckt und im Eingangsbereich aufgehängt werden. Kommt es zu einer Infektion bei Person X, so kann diese die Infektion über die App melden. Das Gesundheitsamt wird automatisch informiert und sendet eine automatische Anfrage an alle betroffenen Veranstaltungsorte, die Person X in den letzten zwei Wochen besucht hat. Die Veranstalter müssen anschließend bestätigen, ob sie die Kontaktlisten freigeben wollen. Erst nach Freigabe werden alle Gäste, die einem Ansteckungsrisiko ausgesetzt waren, automatisch informiert.

Auf die Kontaktlisten haben während des gesamten Prozesses weder Veranstalter noch Gesundheitsämter Zugriff, was den Datenschutz sicherstellen soll. Auch die Veranstaltungs-Historie wird ausschließlich auf dem Smartphones der Benutzer gespeichert. Theoretisch kann sich jeder Benutzerin auch mit einem falschen Namen im Programm anmelden. Hauptsache ist, dass die Telefonnummer stimmt und man dementsprechend informiert werden kann, um sich selbstständig in Quarantäne zu begeben.

Das Entwicklerteam von »Luca« garantiert dabei höchste Sicherheitsstandards durch zweifache Verschlüsselung aller Daten und durch das Verwenden zertifizierter Server. Allerdings wurden in den letzten Wochen immer wieder Sicherheitsbedenken laut, die aber durch die Offenlegung des Quellcodes ausgeräumt werden könnten. Die Entwickler von »Luca« schienen dem Schritt zur Open-Source-Software bisher nicht abgeneigt. Eine Einigung wird Ende März erwartet.

Die Idee einer Tracing-App à la »Luca« ist im Grunde nicht neu. Bisher gibt es tatsächlich einige Apps auf dem Markt, von denen zwar einige nicht kostenlos, andere weniger sicher sind, die einen fangen eventuell Benutzerdaten ab, andere enthalten vielleicht Werbung. Sicher haben alle Apps ihre Daseinsberechtigung und verschiedene funktionelle Vor- und Nachteile. Die Gefahr dabei ist, dass die Zettelwirtschaft der analogen Kontaktlisten nun durch eine Überfülle an Apps ersetzt wird. Daher ist es sinnvoll, eine bundesweit einheitliche App zu fördern, die ergänzend zur Corona-Warn-App bei Veranstaltungen eingesetzt wird. Denn wirklich Sinn hat »Luca« erst, wenn alle Gesundheitsämter und möglichst viele Veranstaltungsorte, Hotels, Restaurants und vor allem Gäste die App nutzen.

»Luca« hat dabei gute Chancen sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen, denn sie ist in ihrer Bedienung ziemlich simpel, praktisch und kann auch bei privaten Treffen oder Meetings eingesetzt werden. Das ersetzt wiederum das Führen eines persönlichen Kontakttagebuchs, wie es von Epidemiologen empfohlen wird.

Wer sich übrigens fragt, warum ein Rapper plötzlich Geld in Software-Entwicklung steckt, der sei darauf hingewiesen, dass Smudo zusammen mit And.Ypsilon ihre gemeinsame Karriere als Programmierduo namens »Terminal Team« angefangen haben. Unter diesem Namen hatten sie auch anfangs Musik gemacht, bis Thomas D und Michi Beck dazu gestoßen sind. Fortan nannten sie sich »Die Fantastischen Vier«.

Update 7. April: Was bisher an Softwarequelltext publiziert wurde, sei unvollständig, von fragwürdiger Qualität, teilweise gar unerlaubt von Dritten übernommen. Sicherheit, Anonymität und Datenschutz können einer vernichtenden Analyse von wissenschaftlichen Expert:innen der Universitäten Lausanne und Radboud (Niederlande) zufolge nicht sichergestellt werden, vermeldet Heise.de in einem vernichtenden Artikel zur Luca-App.