Der März ist weiblich

Das Societaetstheater zeigt mit »frau.macht.theater« den ganzen Monat lang ein komplett weibliches Programm

Ein Stück, bei dem eine lebensechte Puppe der Prinzessin Diana mitspielt, ist nur eines von vielen eingeladenen Theaterstücken, die das Publikum in verschiedenen Formen in diesem Monat im Societaetstheater erwartet. Daneben gibt es Ausstellungen, Tanz, Performances, Filme und Lesungen – eine bunte Mischung. Die künstlerische Programmleiterin Kathleen Gaube hat sich zusammen mit Sabine Köhler und Nicole Meier Gedanken gemacht hat, wie ein komplett feminines Monatsprogramm aussehen kann. Was sich das Frauenteam konkret dazu überlegt hat, darüber hat sich DRESDNER-Autorin Rosa Preißler mit Kathleen Gaube unterhalten.

Barabaren Barbies; Foto: Henry Luederwaldt

Was bedeutet der Titel »frau.macht.theater«, und wo bleiben diesen Monat die anderen, zum Beispiel die Männer?

Kathleen Gaube: »Jetzt mach mal nicht so ein Theater!« ist ein häufig flapsig verwendeter Spruch, aber man kann die Überschrift auch positiv deuten, nach dem Motto »Frau macht auf sich aufmerksam.« Wir haben uns auf die Suche begeben nach Kunst, die mal nur von Frauen gemacht oder konzipiert wird. Dabei ist eine große Palette entstanden und wir versuchen, mit unserem Programm einen großen Bogen zu schlagen. Wir möchten aber auch, dass die Überschrift vor der Kunst zurücktreten kann, wobei sich trotzdem beides gegenseitig bedingt, da es um Frauenproblematiken geht. Es ist ein Programm von und für Frauen, aber wir wollen genauso Männer und alle, die sich als solche empfinden, ansprechen und nicht ausschließen.

Zu »frau.macht.theater« habt auch ein paar internationale Produktionen ins Societaetstheater eingeladen … ?

Kathleen Gaube: Der Feminismus findet nicht nur in Deutschland statt und wir möchten den Blick weiten. Wir haben eine Iranerin eingeladen, die Fotos gemacht hat über die Frauenbewegung im Iran, sie stellt unter dem Titel »Frauen, Leben, Freiheit« aus. Es wird ganz am Anfang eine sinnliche Ausstellung einer Journalistin geben, Sandy Bossier-Steuerwald, die Interviews und Fotos mit Frauen auf der Flucht aus dem Ukraine-Krieg zeigt. Außerdem kommen zwei Tänzerinnen aus Tadschikistan, die ihre Geschichte erzählen. Mit »The Last Word« werden russische Künstlerinnen, die die letzten Worte von Frauen, die vor Gericht standen, auf die Bühne bringen und sich dazu ins Verhältnis setzen. Wir wollen damit eine Vielfalt an Frauenthemen außerhalb Deutschlands beleuchten. So wird einem bewusst, wo wir in Deutschland mit dem Feminismus stehen. Und deswegen haben wir auch Alice Schwarzer eingeladen und Emilia Roig, um zu fragen, wo wir stehen.

Kathleen Gaube; Foto: Societaetstheater

A propos, was erwartet ihr von der Lesung mit Alice Schwarzer? Zuletzt gab es immer wieder Protest-Aktionen gegen sie, auch auf Lesungen.

Kathleen Gaube: Wir haben Alice Schwarzer mit ihrem autobiografischen Werk eingeladen, um zu zeigen, was sie geleistet hat und worauf wir Feministinnen aufbauen. Alice Schwarzer hat versucht, einen politischen Blick auf die Gesellschaft zu werfen und damals den ersten Stein geworfen und gesagt: »Es gibt Gewalt in den Beziehungen«. Und auch das hat bisher nicht aufgehört. Jeden Tag versucht ein Partner oder ein Ex-Partner sein Frau zu töten und jeden dritten Tag gelingt ihm das – und das passiert in Deutschland! Dazu gehört auch, dass sie eine eigene Meinung hat, die diskutabel ist. Alice war es ganz wichtig, dass es eine Diskussion gibt. Sie möchte genau mit denen, die eine andere Haltung haben, zu dem was sie heute sagt, oder zu dem was sie damals angestoßen hat, ins Gespräch kommen. Dazu ist das Theater auch da. Ich würde mir wünschen, dass wir aufhören in unseren Blasen zu existieren, in denen wir immer nur auf Menschen treffen, die genau die gleiche Meinung haben wie wir. Dadurch bestätigen wir uns nur und entwickeln uns nicht weiter. Fragen zu stellen und sich die Antworten anzuhören, ist auch eine Form der Toleranz.

Es wird im Festivalmonat auch ein Erzählcafé geben. Was steckt dahinter?

Kathleen Gaube: Maria Funke vom Frauenrat Dresden wollte schon immer so ein »Erzählcafé« machen. Sie möchte ostdeutsche Frauen einladen, die aus ihrer Biografie erzählen, die selbst wenn sie nichts mit Kunst zu tun haben, dennoch nach dem Motto »Frau macht Theater« ihre Geschichte erzählen dürfen. Mir fiel neulich ein, dass in meinem Zeugnis einmal stand: »Kathleen sollte sich das Dazwischenrufen abgewöhnen«. Und ich finde, das ist genau, was wir nicht machen sollten, uns das Dazwischenrufen abgewöhnen. Dazu möchte ich einladen. Ich merke heute, dass meine Tochter noch viel besser ihre Bedürfnisse äußern kann, als ich das manchmal mit 56 kann. Meine Großmutter ist 1909 und meine Mutter ist 1944 geboren, und ich habe erlebt, wie beide ihr Frauenbild weitergegeben haben, sie haben den Haushalt geschmissen. Mein Sohn und seine Freundin sind da ganz anders. Ich bin neugierig, zu sehen, wie sich das weiterentwickelt und ich habe Lust, junge Frauen zu ermutigen und vor allem Frauen in meiner Generation zu unterstützen. Wir haben hier noch einiges zu tun!

Was möchtet ihr mit dem »Frauenmärz« bewirken?

Kathleen Gaube: Das wichtigste ist, dass wir nicht verhärten, auf beiden Seiten. Dass die jungen Menschen die älteren einladen und mitnehmen. Das ist eine große Problematik, dass die älteren sich oft nicht mitgenommen und vor den Kopf gestoßen fühlen. Und dann passiert schnell, dass man sich als ältere Person darüber lustig macht. Das ist aber nicht der Weg. Ausgrenzen übrigens auch nicht. Ich denke, es ist wichtig, miteinander ins Gespräch zu kommen. Genau deswegen haben wir Alice Schwarzer genauso wie alle anderen Programmpunkte eingeladen.
Ich hoffe, dass dieser Monat gut dazu beiträgt und das Programm Lust darauf macht. Und dass die Männer nicht sagen »Oor nee, noch was über Frauen, wir haben doch schon Frauenparkplätze, jetzt nicht auch noch einen Frauenmonat!«

Vielen Dank!

»frau.macht.theater«, vom 1. bis 30. März im Societaetstheater; Programm und Tickets unter www.societaetstheater.de/