Pussy Riot lebt!

Die russische Aktivistinnengruppe sammelt auf ihrer Europatournee Spenden für die Ukraine

Als die Aktivistinnen vor zehn Jahren in ihrem Punk-Gebet »Heilige Jungfrau schmeiß Putin raus« auf der Kanzel der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau performten, wurden sie weltweit berühmt. Das Kollektiv besteht aus etwa zehn Frauen, die in wechselnden Konstellationen auftreten. Sie kritisieren seit ihrer Gründung auf öffentlichen Plätzen und Bühnen Putin und sein autoritäres Regime. Schon 2014 verurteilten sie in Interviews die Annexion der Halbinsel Krim öffentlich, im Mai 2022 sind sie aus Russland nach Europa geflohen; Maria Aljochina entkam ihren Überwachern – sie steht unter Hausarrest – verkleidet als Essenslieferantin. Seitdem treten drei Frauen der Gruppe auf den Bühnen Europas auf, um solidarisch für die Ukraine einzustehen und Spenden zu sammeln. Zudem fordern sie mit ihren Auftritten und in einem Interview in der Tagesschau im Mai, dass kein Öl und Gas von Russland gekauft werden soll, weil durch diese Gelder die Repressionen im Land und der Krieg in der Ukraine finanziert werden. Zudem verlangen sie die Auslieferung Putins als Kriegsverbrecher vor das Tribunal des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag. Dieser Protest, der durch die Hausarreste und radikalen Äußerungen gegenüber Putin außerhalb Russlands stattfindet, soll zudem nach der Tour auch in Russland weitergeführt werden, ein dauerhaftes Exil schließen die Russinnen aus.

Die aktuelle Tour »Riot Days« ist eine Konzert-Performance mit Marija Aljochina, Diana Burkot und Olga Borisova. Sie vereint Musik, Kundgebung und Theater, indem die Künstlerinnen mit aggressivem Sprechgesang unerschrocken gegen Putin und seine repressive Politik anschreien. Gleichzeitig neben den Auftritten veröffentlichen die Riot Grrrls ihr neustes Album »Matriarchy now« und ordnen sich damit musikalisch zwischen Pop und Punk ein. Textlich arbeitet es mit viel Ironie und Gegenentwürfen – der Albumtitel steht als Kontrast zu Putins Patriarchat, und sexistische Klischees werden umgedreht. Die künstlerischen Positionen stehen als Zeichen für einen Protest aus der Zivilgesellschaft, für den sie im eigenen Land strafrechtlich verfolgt werden und mit dem sie der Willkür des repressiven Systems ausgesetzt wären. Abweichende Meinungen darf es nicht geben, dort, wo schon das Zeigen eines weißen Papiers ohne Aufschrift oder friedliche öffentliche Gegenproteste zu Festnahmen führen. Diese aggressive Gegenstimme in einem Land, in dem man noch nicht einmal gegen nichts protestieren darf, vereint all jene Kriegs- und Putin-Gegner, die teilweise als politische Gefangene in Russland aufgrund ihrer kritischen Stimme in Gefängnissen ausharren müssen.
Jenny Mehlhorn

Pussy Riot sind am 10. September, 20 Uhr, im Kleinen Haus des Staatsschauspiel Dresden zu erleben.