Quasi-Lockdown für Clubs

Trotz 2G und Testungen müssen die meisten Veranstaltungen mit Einführung der neuen Corona-Schutzverordnung und der seit 5. November erreichten Vorwarnstufe entfallen – Was heißt das für diese Kulturstätten? Ein Lagebericht.

Es hat sich schon wieder ausgetanzt in Sachsens Clubs und in den Konzerthäusern. Sobald laut der aktuellen Sächsischen Corona-Schutzverordnung vom 5. November die Vorwarnstufe oder die Überlastungsstufe erreicht ist, was seit 18. November in Dresden der Fall war, entfällt das bis dahin vorhandene 2G-Optionsmodell, das „keine Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, zur Kontakterfassung und zur Einhaltung des Abstandsgebotes sowie keine Beschränkung hinsichtlich der Auslastung der Höchstkapazität“ vorsieht, wenn nur Genesene oder Geimpfte Zutritt zur Veranstaltung haben. Für Tanz- und Stehkonzerte sind diese Auflagen nicht realisierbar, da dort keine Abstände eingehalten werden können und die geringe Raumkapazität und die Begrenzung der Auslastungskapazität einen Betrieb unmöglich gestaltet. Der für eine Veranstaltung nötige Personal- und Kostenaufwand bei einer solchen Veranstaltung steht in keiner Relation zu den geringer erwirtschafteten Einnahmen gegenüber einer vollen Auslastung, der sich durch die geringere Besucherzahl und bei gleichbleibenden Preisen zwangsläufig ergibt. Die sowieso schon hart betroffene Veranstaltungsbranche, die seit Anfang der Pandemie von Schließungen betroffen ist, muss nun schon wieder in die Zwangspause – nur dieses Mal nicht unter dem Begriff Lockdown, sondern wegen praktisch nicht umsetzbarer Maßnahmen.

Es hat sich ausgetanzt in Sachsens Clubs.

Soweit die Lage, die sich für die betroffenen ausrichtenden Spielstätten ergibt. Weil eben solche Auflagen nicht mit der Realität vereinbar sind, wurden während der Öffnung in den letzten Monaten andere alternative Maßnahmen von den Clubbetreibenden überlegt und umgesetzt. Überblickt man diese Konzepte wird ersichtlich, dass diese mindestens den geforderten Auflagen entsprachen, vielerorts wurden zusätzliche Schutzmaßnahmen getroffen, die über die geforderten Regelungen hinaus gingen. In Dresden haben der Club Gisela und das objekt klein a beispielsweise schon frühzeitig die 2G-Regel umgesetzt, vor vielen Veranstaltungen wurden in Eigeninitiative Schnelltestungen organisiert, Kontakterfassungen wurden bei Eintritt aufgenommen. Diese Vorgehen lassen erkennen, dass eine Verantwortlichkeit von Veranstaltenden gegenüber dem Schutz von Gästen vorhanden gewesen war und immer noch ist, solch ein Schutz muss aber anders stattfinden als in der aktuellen Corona-Schutzverordnung auferlegt.

Die Live Initiative Sachsen (LiSA) prangert diese Einschränkungen an und will der „gesamtgesellschaftlichen Verantwortung nachkommen und alles tun, um kollektiven Musikgenuss, exzessives Tanzen und das so lange erschütterte Grundbedürfnis nach Zerstreuung und außeralltäglichen Begegnungen in verantwortungsvollem Rahmen möglich zu machen.“ Sie fordert Maßnahmen, die keine Schließung erfordern. Eine davon wäre neben 2G der zusätzliche Nachweis eines tagesaktuellen Schnelltests, also 2G+.

Mit der unfreiwilligen Schließung der betroffenen Räume, die durch die finanziellen Ausfälle wieder um ihre Existenz fürchten und Personal kündigen müssen, gehen zudem noch andere Konsequenzen einher, die das Pandemiegeschehen auf lange Sicht nicht eindämmen. So wird laut LiSA die Feierkultur weg von öffentlichen Plätzen mit bestehenden und kontrollierten Schutzmaßnahmen hin zu illegalen Party-ähnlichen Privattreffen ohne jegliche Einschränkungen verlagert und Impfanreize entfallen für vor allem junge Leute. Die Grundlage eines zugrundeliegenden Hygienekonzeptes und den daraus folgenden Einlasskontrollen kann natürlich nie eine komplette Sicherheit vor Ansteckung garantieren, es stellt aber die beste und ausgewogendste Organisation für den Erhalt von Zusammentreffen in der Pandemie dar.

Da genau solche öffentlichen Räume des Aufeinandertreffens nicht öffnen können, fallen zudem andere soziale Komponenten weg, denn damit werden wieder einmal der jungen Bevölkerung Orte für Begegnungen genommen. Genau diese Komponente betont auch Julia Voigt vom Kulturbündnis „Hand in Hand“ aus Chemnitz auf der Pressekonferenz: „In einem Land wie Sachsen, wo Kultur oft der letzte Halm ist Menschen zueinander zu bringen, einen Dialog zu fördern, Schutzräume anzubieten, Demokratie-bildende Prozesse loszutreten – in so einem Land hätte ich mir ein bisschen Weitsicht gewünscht.“ Deshalb steht die beschlossene Schutzverordnung wieder einmal exemplarisch für die sächsische politische Handhabe gegenüber den Umgang mit gesamtgesellschaftlichen Themen: Probleme kurzsichtig lösen, ohne nachhaltige Effekte und die Akteure mit einzubeziehen.

Jenny Mehlhorn

Die Petition: Zweiten Lockdown sächsischer Clubs und Livemusikspielstätten stoppen! kann hier unterzeichnet werden.
Update vom 22. November: Der „harte Wellenbrecher“ tritt mit der neuen Notfallverordnung in Sachsen in Kraft. Das heißt konkret: Sämtliche Kultureinrichtungen müssen bis einschließlich 12. Dezember schließen. Veranstaltungen finden nicht statt. Der Lockdown ist Realität.