Berlin 2.0
Scherbenhügel
(Flight13 Records)
Berlin 2.0 stammen aus Stuttgart, haben sich erst kürzlich (2021) gegründet und legen bereits mit ihrem gerade erschienenen Debütalbum einen sehr wirksamen wie einprägsamen Start vor. Sängerin Elena Wolf, die für alle Texte verantwortlich ist, verlangt auf dem 10-Song-Album dem geneigten Hörer so einiges ab. Zum einen Hörvergnügen, wenn sie in sehr starken, hymnischen Sätzen emotionale Dichtung vorträgt, aber auch eine dringliche, intensive Auseinandersetzung mit politischen und gesellschaftlichen Zuständen (»Kairos«, »Boys Do Cry«), sowie emotionalen Selbstbetrachtungen (»Neben mir«, »Haselnüsse«), Wunden und Hoffnungen. Ihre eindringlichen und originellen Lyrics sind von Franz Kafka bis Netflix gleichermaßen inspiriert, was zu einer nachhaltig interessanten Qualität führt, während man sich gleichzeitig »auf dem Laufenden« fühlt. Musikalisch trifft die Klangästhetik der kühlen und wavigen1980er auf einen beherzten und sehr jetzigen Post-Punk, der seine Jugend sicher in der Hardcore-Schule verbracht hat. Die Wechsel von fast schon poppigem Gesang und wütendem Sprech-Geschrei-Gekreisch ist auf Albumlänge zum Glück ausgewogen genug, denn die Phasen des schmerzhaften Schreiens sind nicht zu jeder Tageszeit wirklich gut verträglich. Sollen sie ja auch nicht, denn das hier ist Punk im Hier & Jetzt. Die Band will schließlich kein Freibad eröffnen, sondern vom Scherbenhügel aus Anklage, Kritik, und Veränderung herbei schreien. Wer also auf Bands wie Pascow, Goldner Anker und EA80 steht, sollte dieser Platte unbedingt ein Ohr schenken, er wird sie so schnell auch nicht mehr wieder los.
DJ Cramér
www.berlin-str.bandcamp.com/album/scherbenh-gel< zurück