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Björk

Fossora

(One Little Independent Records)


Wie schon auf zahlreichen Björk-Alben zuvor, blickt einem auch auf dem Cover von »Fossora« ein eigenartiges Hybridwesen entgegen, dieses Mal weniger genderentkoppelt cyborghaft, aber dennoch offensichtlich erneut Grenzen verwischend und Ideen von Abgeschlossen- und Einheitlichkeit in Unschärfe auflösend. Auch musikalisch ist dieses Hybride längst zu Björks Trademark geworden und freilich auch auf ihrem neusten Album allgegenwärtig. So verfließt auf »Fossora« Gabber mit von a-Capella-Gesang geprägten Stücken wie »Mycelia« und »Sorrowful Soil«, bei denen abermals klar wird, wie grandios Björk darin ist, ihre Stimme als Instrument einzusetzen und durch ihre spezifische Intonation das für postmoderne Popmusik unerlässliche Punctum-Moment zu schaffen. Hervorzuheben ist die furiose Vorabsingle »Atopos«, die Blasinstrumente mit Industrialbeats vereint. Auch im Titelsong mündet ein klassisches Songgrundgerüst in eine technoide Ballerbass-Kaskade. Ohnehin ist signifikant, dass auf »Fossora« die Ästhetik von Chambermusik immer wieder von elektronischen Störgeräuschen aufgebrochen wird. In »Victimhood« schleicht sich ein Beat unauffällig von hinten an die allgemeine Streicher- und Bläsergemengelage und übernimmt sukzessive das Zepter. Auch »Fungal City« ist von klassischer Musik, konkret des auf dem Album kollaborierenden Klarinettensextetts Murmuri, grundiert, und geht nahtlos in das noisige Trölla-Gabba über. Kurzum: Ein weiterer Höhepunkt in der an Höhepunkten ohnehin nicht armen Diskographie der inzwischen 57-jährigen Isländerin.
Peter Zeipert
www.fossora.com/
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