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Come On Up To The House

Women Sing Waits

(Dualtone Music Group)


Die meisten Songs von Tom Waits sind so intensiv wie ein Bandscheibenvorfall in Lakritz und schmecken dabei so gut wie ein Kinderlied an Weihnachten, das ein Opa seinem Enkel vorliest. Und überhaupt: Tom Waits ist erst seit knapp 15 Jahren so alt, wie er bereits 1979 klang. Nun liegt eine Compilation vor, auf dem ausschließlich Frauen Tom Waits interpretieren. Das im Original wölfisch-schleppende »Come On Up To The House« eröffnet den Reigen und verwandelt sich durch die Künstlerin Joseph in eine hauptsächlich von Klavier und Streichern getragene Folkballade, die nicht mehr viel mit dem Waitschen Rumpelsong zu tun hat, aber gefällt. Bei »Hold On« versucht Aimee Mann das Lied stimmlich so schön wie möglich zu singen, was zum Missvergnügen wird. Hier fehlt deutlich die warme, leicht angebrochene Erzählweise von Waits. Es finden sich auch gute Interpretationen auf der Doppel-LP, die aber nur auf drei Seiten bespielt ist, da Seite vier eine Gravur des Plattencovers zeigt. Authentisch und kraftvoll interpretieren etwa die Schwestern Shelby Lynne und Allison Moorer das im original tränentreibende »Ol 55«. Angie McMahon singt uns eine schlafwandlerische Version von »Take it with me«. Wohlig am Herzen rührt der Klassiker »Time«, gesungen von Rosanne Cash, Tochter von Johnny Cash. Sie überrascht mit etwas verändertem Gesang, der das melancholische Gefühl transportiert, das Waits so unverkennbar macht. Das ausufernde »Shalalalalala« von Corinne Bailey Rae bei »Jersey Girl« zieht einem aber glatt das Kabel aus der Wand. Etwas egal hingegen plätschert »Ruby`s Arms« (Patty Griffin) an einem vorbei. Beinah klingt es wie ein Original von Martha Wainwright. Das ist aber nicht schlimm. Schlimm ist »House Where Nobody Lives«, interpretiert von Iris Dement. Die klingt, als ob sie in der Rolle der Blanche DuBois (»Endstation Sehnsucht«) unbedingt alle übrige Lebensfreude aus dem Haus treiben wolle. Auch das überbetont verzweifelt gesungene »Downtown Train« von Courtney M. Andrews hinterlässt keinen Hörgenuss. Ganz schlimm wird es beim melancholischen Großkino-Hit »Tom Traubert´s Blues«. The Wild Reeds scheinen den Song vom Textblatt abzusingen, während es der Schlagzeuger für eine künstlerische Idee hielt, an beliebigen Stellen perkussive Geräusche überpräsent in den Song zu wuchten. Trotz einiger gelungener Interpretationen möchte man sich nach dem Durchhören ganz allein mit ein paar Tom-Waits-Platten im Badezimmerschrank einschließen, um sich mal so richtig schön gehen zu lassen.
DJ Cramér
www.dualtone.bandcamp.com/album/come-on-up-to-the-house-women-sing-waits
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