The Kills
Ash & Ice
(Domino)
Wie stellt man sie sich vor, so eine Zeit kurz vor der Veröffentlichung der neuen Platte? Die Band feilt verkatert euphorisch am letzten Klang. Klar. Und die Manager? Die sitzen mit rauchenden Köpfen und Zigaretten über Nächte und Wochen im großen Kreis mit Promotern und Businesspeople zusammen, um Band und Platte die passende PR-Geschichte anzudichten. Cool, aber nicht zu cool, verwegen und das gerne sehr und immer geheimnisvoll natürlich: so muss sie sein – die Flunkergeschichte auf dem Beipackzettel.
Bei Alison Mosshart und Jamie Hince alias The Kills ist das anders. Hier ist alles echt und tausendmal aufreibender als jedes Image-Märchen. Fucking authentic! Da hat Jamie Hince nicht nur den Rosenkrieg mit Kate Moss zu verdauen, sondern muss nach einer Fehlbehandlung seiner Hand lernen, mit einem Finger weniger Gitarre zu spielen. Umständen, denen es wohl geschuldet ist, dass »Ash & Ice« etwas weniger gitarrenlastig und manchmal elektronisch verdingst ausfällt. Thematisch spielen neben Rekonvaleszenz-Erfahrungen in der Transsibirischen Eisenbahn laut eigener Aussage »Gefühle und innere Kämpfe« die Hauptrollen. Logisch. Und während sich ihr musikalischer Partner erholt, macht Frau Mosshart das, was ein kreativer Mensch zu tun hat, um nicht zu implodieren. Sie lässt es raus – macht das dritte »The Dead Weather«-Album mit Jack White, malt ohne Unterlass, stellt aus, fährt schnelle Autos und: schreibt Songs; dutzende, hunderte. Aus diesem Fundus schaffen es dann dreizehn Stücke auf die fünfte, überwiegend in Los Angeles entstandene Platte. Ein The Kills-Spektakel par excellence. Anders als das Gewesene, hier und da schwierig zu fassen und mit 50 Minuten deutlich über der heutigen Aufmerksamkeitsgrenze. Das Werk einer Einheit am Rande des Vulkans. Verdammt cool kommen sie daher, Stücke wie »Hard Habit To Break, Hum For Your Buzz« oder das deutlich ruhiger geratene »Echo Home«.
Schon wenn Mosshart beim zweiten Song herrlich ungerührt die Zeile »I got the heart of a dog« summt ist es amtlich: »Ash & Ice« ist schon jetzt ein Klassiker. Und somit vollkommen verdient unsere Platte des Monats.
M. Hufnagl
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