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Kettcar

Zwischen den Runden

(Grand Hotel van Cleef/ Indigo)


Mit »Es muss immer alles komplett verwertet werden« beklagen die Hamburger Kettcar die Auswüchse der Gentrifizierung ihrer Heimatstadt und erklären postament: »schrilles, buntes Hamburg, vom Tal der Enttäuschung zum Hang der Erkenntnis.« Die Band um den Keyboarder und sympathisch nuschelnden Sänger Marcus Wiebusch liefert mit ihrem vierten Album ein Panoptikum an Stimmungen, das zu fesseln vermag. Da ist viel von Kampf und Niederlage, Sterben und Vergehen, Liebe und Hoffnung die Rede, und es dominieren warme, weich gezeichnete Streicher-, Bläser- und Pianoklänge und gezupfte akustische Gitarren statt verzerrter E-Gitarre und den dunkel-deprimierenden Klängen des Vorgängeralbums »Sylt«. Ja, die Nordlichter erschaffen mit ein paar Handclaps als rhythmische Basis und einer wunderschönen Harmonie traumhafte Momente wie in »Schwebend«, und fast perfekte, kluge Popsongs in leichter Schräglage wie in »r.i.p.« zu hören. Wieder einmal beweisen Kettcar ihr Talent als große Storyteller, und vielleicht ist dies nach ihrem großartigen und bis dato unterschätzten Debüt von 2001 »Du und ich und wie viel von deinen Freunden« ihr wichtigstes Werk. Ihre Lieder kreisen längst nicht mehr nur um die eigene Befindlichkeit. Ihr selbstgewähltes Credo »Einsehen zum Schluss, dass man weitermachen muss«, dieses Nicht-unterkriegen-wollen spricht aus jedem der zwölf Lieder. Und genau das ist wahr und schön und gut.
Frog
Kettcar sind am 1.3.2012 live im Alten Schlachthof zu erleben.
www.kettcar.net
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