Weltenende als Red Nose Day – Derevo in Hellerau
Viele der Zuschauer sind der Bitte nachgekommen, während der Vorstellung eine der roten Nasen zu tragen, die vor Ort kostengünstig zu erwerben sind. Aber schon vor Beginn des Spektakels hat sich ein Trend ganz klar durchgesetzt: Man platziert die Nase am Ohr. Naja. Warum nicht. Anton Adassinsky, kreativer Kopf von Derevo, wird seine im Lauf des Abends gleich mehrmals verlieren.
»Fünfte Sonne« lautet der Titel des neuen Stückes, in dessen Ankündigung eine Auseinandersetzung mit dem Weltenende angekündigt wurde. Momentan ein dankbares Thema. Passend zum Titel senkt sich aus dem Schnürboden ein riesiges Mobile mit geometrischen Konstrukten, einer Sternenkonstellation nicht unähnlich. Diese Gitterelemente werfen Schatten, die ihre Geometrie noch unterstützen und diese Projektion wie mathematische Modelle und Berechnungen wirken lassen. Die Astronomie grüßt. Und mittendrin Anton mit Akkordeon, verloren, nackt, verwundbar. Ein bisschen wie der Rest einer ehemaligen Witzfigur. Die dreieckigen Bühnenelemente erlauben aus aktuellem Anlass ausnahmsweise die Assoziation zu Pyramiden der Maya. Aus dem Schnürboden fallen leere Kartons. »Gefühl« steht auf jedem. Anton macht auf Furiosum und walzt alle platt. Natürlich. Außerdem gibt es Slapstick à la Charlie Chaplin (unterlegt mit entsprechender Musik). Merkwürdige weiße, papierartige Wesen mit großen Augen und plattem Kopf rutschen auf einer überdimensionierten Bananenschale aus. Galgenhumor? Dazu ein bisschen Melancholie, aber nicht zu viel. Auf der Titanic spielte das Orchester ja bekanntlich auch bis zum bitteren Ende. An Ideen hat es bei Derevo noch nie gemangelt. Aber zünden kann diese Arbeit leider in keinem Moment. Es fehlt schlichtweg am dramaturgischen roten Faden. Die Szenen verbinden sich nicht zu einer Einheit. Der Applaus fällt dünn aus; der Sitznachbar überschüttet den fleißig Notizen gemacht habenden Pressevertreter angesichts dieses Abends mit Mitleid. Hat auch irgendwas von Endzeitstimmung. Aber so? S.R.

Nächste Vorstellungen: 21./22.12.2012



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