Von den Maschinenwesen – eine Performance in Hellerau ist wohl nicht für »everyone«

18. Januar 2019 – Der Titel lässt einen schon ein wenig den Kopf schräg legen. Everyone? Sind wir das alle? Ist das jeder? Die drei Tänzerinnen Kristin Mente, Jule Oeft und Yamile Navarro geben persönlichkeitslose Maschinenwesen, auswechselbar im weißen, hautengen Overall. Der Komponist und Choreograf John Moran hat gemeinsam mit dem Sound-Tüftler Nikolaus Woernle für sie ein Sammelsurium an Geräuschen, Tönen und Sprachfetzen zusammengepuzzelt, das wie ein immer abgedrehter daherkommendes Hörspiel wirkt. Kurze Szenen, die Performerinnen agieren diese aus, synchron greifen sie in ihrer Körpersprache die Geräusche auf. Das hat ein bisschen was von Pantomime, geht aber darüber hinaus.


Marieluise Herrmann und Constanze Friedel begleiten die Szenen musikalisch live. Das greift alles ineinander und funktioniert, was alles andere als einfach ist, denn viele Szenen werden immer wieder aufs Neue wiederholt, dabei aber doch in kleinen Details variiert, bis schließlich unterschiedliche Szenen miteinander vermischt werden. Dadurch wird die anfängliche Andeutung von Sinneinheiten nach und nach immer weiter zerbröselt.


Die große Herausforderung angesichts der Absenz einer Geschichte und dem daraus resultierenden Ausbleiben einer Entwicklung liegt in der Dramaturgie, die hier über fast eine gesamte Stunde tragen muss. Und das tut sie auch. Obwohl einfach nur immer mehr Szenen hinzu kommen, die immer mehr Puzzleteile mitbringen, gerät das Material nicht außer Kontrolle.


Das Maschinelle der Performance, das Seelenlose in jeder Bewegung mag nicht jedermanns Sache sein. Die daraus entstehende leicht hypnotische Wirkung kann durchaus auch unangenehm wirken und eben als »leer« wahrgenommen werden. Nur entsteht diese vermeintliche Leere eben gerade durch die spezielle Aneignung des akustischen Materials. Man kommt beim Zuschauen nicht umhin, immer wieder an den Schaubudensommer zu denken. Dort wäre eine solche Arbeit dank ihres wundersamen Charakters ideal platziert.

Rico Stehfest / Foto: René Jungnickel

Nächste Vorstellungen: 19. und 20. Januar im Festspielhaus Hellerau



« zurück