Utopien einer besseren Welt: »Purcells Traum von König Artus« feierte Premiere in der St. Pauli Ruine
Die Existenz der St. Pauli Ruine als Theaterspielort wurde immer wieder in Frage gestellt. Deshalb dürfte es bisher kaum eine Inszenierung gegeben haben, dem die Theaterenthusiasten des gemeinnützigen Vereins so nahe stehen. Seit die Spielstätte, dank der umfangreichen Baumaßnahmen, in eine beruhigendere Zukunft blickt, können die Schauspieler einen anderen Ausgang der Geschichte erzählen, als es Tangred Dorst in »Purcells Traum von König Artus« vorsieht, denn dort droht am Ende definitiv die Abrissbirne. Kunst statt Kommerz! Am Ort eines abrissreifen, verfallenen Opernhauses soll ein profitables Einkaufzentrum entstehen. Mit Kindergarten und Musikschule schön sozial gewaschen, versteht sich. Die Investitionswilligen als moderne Form des Invasoren sind voll von Visionen. Hat den da keiner was entgegen zu setzen? Es sind die Theaterfiguren und -Geister selbst, die Tangred Dorst zu Henry Purcells Musik aus »King Arthur« als Gegenkraft auferstehen und durch ihre alten Kulissen Spuken lässt. Die Brücke zwischen den sagenhaften Figuren um König Arthur und der modernen Welt schlägt Dorst mit einer Gruppe schräger Vögel: Obdachlose, Kleinkriminelle und eine vom vergangenen Opernmythos noch immer überwältigte Kioskverkäuferin. Alle suchen in den alten Mauerresten das Ihrige, doch keiner schient zu verstehen, worum es um sie herum noch geht. Kann man mit Theaterrequisiten gegen die neuen Gegner ankommen? Die Figuren verfangen sich in Traumgespinnsten zwischen Nymphen und Elfen und der immer wieder anklingenden Musik Purcells. Die schlichte Kulisse aus an den Wänden herabhängenden Abdeckplanen ist einfach wie gelungen. Sie deutet praktisch auf den Verfall hin, trennt phantastisch die reale Welt, von der der Vorstellungen und streichelt sanft das Publikum, das ohnehin, typisch St. Pauli-Inszenierung, seinen aktiven Beitrag zu leisten hat. Auch die Kostüme überzeugen wieder einmal in ihrer Schlichtheit. Auch wenn die Akustik der St. Pauliruine es leider schwer macht, der hohen Dynamik zu folgen, gelingt Regisseur Jörg Berger insgesamt eine ideenreiche Aufnahme von Dorsts 2004 uraufgeführter Halboper mit sehr guter sängerischer Leistung der üppigen Darstellerriege. Ein Augen- und Ohrenschmaus in Spiel und Gesang ist die Leistung von Yvonne Dominik, die wieder einmal in mehreren Rollen glänzte. Auch Magier Merlin und sein agiler Zauberlehring Filidel sind mit Pauli Urgesten Karl-Michael Weber und einer bezaubernden Katja Röder charmant besetzt. Souverän gibt Ingrid Schütze die reiche, blinde Erbin Emmeline, die durch ihre Fantasie und Liebe zur Kunst, Zugang zu den Luftgeistern der Ruine findet. Es hat wieder Spaß gemacht, dabei zu sein und das es den Meisten im Publikum eben so ging, bewies der minutenlange Applaus. AS

nächste Vorstellungen: 30./31.8., 19.30 Uhr



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