Und alle so: Dumdidida – Das tjg startet mit »The Season« die Puppentheatersparte im Kraftwerk Mitte

18. Dezember – Der Neubeginn hätte wohl kaum schöner aussehen können. Zu Beginn der neuen Inszenierung des Puppentheaters öffnet sich der Vorhang, und der Blick fällt in ein bodenloses Bühnenschwarz. Tabula rasa. Plötzlich öffnet sich in der Rückwand eine kleine Tür, durch die Licht auf die Bühne fällt. Im Türrahmen erscheint ein Darsteller auf einem Kinderroller, stutzt ob der Dunkelheit, in der sich niemand orientieren kann, tastet an der Wand entlang und knipst das Licht an. Was sichtbar wird, ist Technik, Bühnenmaschinerie und ein großer, flacher Hügel in der Mitte der Bühne.


Erst nach und nach werden die Einzelteile des Bühnenbildes, in schwarz-weiß gehaltene Teile eines Waldes, nach unten gefahren. Ein Ausmalbuch. Desto farbenfroher wirken die Bewohner des Waldes, allen voran der lispelnde Biber im Pullunder, der sich für linguistische Phänomene interessiert, der Hase im Hoodie mit einem Faible für Hippedihopp-Musik und der Bär mit Vokuhila, Collegejacke und silbernem Kettchen. Die Buddies teilen sich den Hügel als Lebensraum und kommen so ziemlich gut miteinander klar. Dabei menscheln sie auch immer wieder, wenn beispielsweise die Ente als armes, niedliches Ding abgetan wird, das nur quaken kann.


Man kümmert sich auf die übliche Weise um den Alltagskram, bis ein merkwürdiges Wesen in diese Welt platzt. Die, die von allen Tina genannt wird, ist ein rosa Puschelwesen, das in unverständlichen Lauten daher blubbert. Macht aber nix. Sie ist sympathisch und friedlich. Und zwischen ihr und dem Bär entwickelt sich auch so direkt was. Bis zu einem Punkt. Als Meister Petz Tina einlädt, den Winter gemeinsam in seiner Höhle zu verbringen, tauchen plötzlich gefühlte Unmengen kleinerer Tinas auf. Klar, dass das so nicht geht. Die Ressourcen sind begrenzt, der Raum ohnehin. Vor allem Hasi fängt an, ordentlich rumzuätzen. Verschwinden sollen die, allesamt, sofort.


Wer denkt, an dieser Stelle zu wissen, in welche Richtung sich die Sache entwickelt, hat sich gehörig geschnitten. Es geht hier gar nicht um die drohende Konfliktlage. Um es vorweg zu nehmen: Das Publikum wird ziemlich ratlos entlassen. Das ist ein äußerst geschickter Schachzug. Das Theater hat sehr wohl zur Aufgabe, Fragen zu stellen. Aber nicht unbedingt, fertige Antworten zu liefern. Das ganze hier ist eher eine Aufforderung zum eigenständigen Denken. Aber ohne pädagogischen Zeigefinger. Dafür macht das viel zu viel Spaß.


Da wird aus purer Lust an der Freude gesungen, was ja auch in unterschiedlichen Sprachen gleichzeitig geht (an der Akustik könnte noch bisschen gedreht werden). Und das auch noch mit Live-Begleitung. Schlagzeug, Klavier, Harfe und Akkordeon sind nur einige der Instrumente. Eine wilde Mischung? Definitiv. Schließlich ist die ganze Sache komplex.


Und als würde das noch nicht ausreichen, tingelt durch das ganze Geschehen ein Jäger, der natürlich den Pelzen an den selbigen will, aber eigentlich irgendwie mehr mit sich selbst zu tun hat. Man könnte durchaus von einer Identitätskrise sprechen. Seine Rolle lässt sich nicht ohne weiteres zuordnen. Klar ist aber am Ende eins auf jeden Fall: »Viele Köpfe denken besser als einer. Viele Köche sind besser als keiner.«

Rico Stehfest / Fotos: Marco Prill

nächste Vorstellungen: 30./31.12. und 3./4.1.2017



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