Trash und Knistern: Claudio Monteverdis »L´Orfeo« an den Landesbühnen Sachsen
Dass auf der Bühne Text und Handlung nicht gesprochen, sondern gesungen werden, war bei der Uraufführung von Claudio Monteverdis »L´Orfeo« anno 1607 alles andere als selbstverständlich. Um etwaigen Irritationen vorzubeugen, tritt zunächst »La Musica« selbst als allegorische Figur auf die Bühne und erklärt, dass sie nun die Geschichte von Orpheus, dem berühmten Sänger, der in die Unterwelt fährt, um seine geliebte Eurydike aus dem Reich der Toten zu befreien, erzählen werde. Dieses ganz neue Zusammenspiel von Musik, Gesang und dramatischer Handlung macht Monteverdis Stück bis heute so interessant. Der Zuschauer findet sich an den Beginn einer ganz und gar unverbrauchten musikalischen Ausdruckswelt versetzt, wo noch nichts durch Schablone oder Konvention bestimmt ist - es knistert geradezu vor Spannung.
Nun haben die Landesbühnen Sachsen in Radebeul dieses Stück neu inszeniert und damit eine äußerst interessante Repertoire-Erweiterung gewagt. Und so überaus erfreulich allein diese Tatsache ist, so hinterlassen die musikalische Umsetzung und die Inszenierung allerdings einen zwiespältigen Eindruck. Peter Diebschlag singt den Orfeo mit samtig weichem Timbre und lyrischer Emphase und bewältigt die stimmlichen Anforderungen problemlos, um als Figur glaubhaft zu bleiben, als der Sänger, bei dessen Gesang selbst Steine erweichen. Dagegen scheinen einige Nebenrollen deutlich weniger profiliert, besonders Apollo, der am Schluss als Deus ex Machina auftritt, um dem unausweichlich tragischen Ende noch eine versöhnliche Wendung zu geben, agiert beiläufig und unmotiviert.
Jan Michael Horstmann übernimmt sowohl die musikalische Leitung als auch die Regie. Obwohl er sich beiden Aufgaben gleichermaßen mit großem Enthusiasmus annimmt, hat er als Dirigent vom Cembalo aus doch einen überzeugenderen Zugriff, denn als Regisseur. Die Verzierungen der Sänger und Instrumentalisten sind durchaus idiomatisch, verstärken die Ausdruckskraft und den Hörgenuss. Störend wirken sich allerdings die vielen Generalpausen kurz vor Ende der Phrasen aus, so dass leicht der Eindruck entsteht, als sollten noch Nachzügler eingesammelt werden. Die großen Chorszenen im ersten Akt hätten sicher eine genauere choreographische Führung vertragen können, hingegen kommt die Regie mit den kleineren Kammerszenen der darauffolgenden Akte offenbar besser zurecht. Hier entstehen zum Teil sehr eindringliche Situationen, etwa wenn Proserpina ihren Mann Plutone überzeugen will, Euridice aus dem Totenreich zu entlassen. Gerade solche Momente sind es, mit denen sich diese dankenswerte Produktion empfiehlt. Aron Koban

Weitere Termine: 16.5./21.6.2013



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