Semper Zwei eröffnet fulminant mit »The killer in me is the killer in you my love«.
Um es vorweg zu nehmen: Der Kopfsprung in die Semper Zwei am nagelneuen Spielort im Gebäude des ehemaligen Opernrestaurants, verdient die höchsten Kampfrichternoten und: Was der umständliche Titel des Stückes »The killer in me is the killer in you my love« mit der Kammeroper, die am 16. Oktober 2016 Uraufführung feierte, zu tun hat, erschloss sich vordergründig nicht. Erst im Programmheft erklärt uns der Komponist Ali N. Askin, dass es sich um eine Textzeile aus einem Song der »Smashing Pumpkins« handelt, der die schnelle Vergänglichkeit der Jugend und die Trauer darüber beschreibt.
Und tatsächlich gelingt es Bühnenbild, Musik und Inszenierung bei diesem Auftragswerk gleichermaßen, das typische Freibad-Feeling hervor zu rufen. Dies war so eindringlich, dass man den Geruch von trocknendem Gras, Sonnenöl-Leibern und Pommes aus zu altem Frittierfett förmlich in der Nase hatte. Ebenso wie es gelang, dass man einzelne Spielszene sofort mit eigenen Assoziationen verknüpfen konnte. Ja, genau so war das: die nervigen Jungs, die durch alle verfügbaren Ritzen in die Umkleidekabinen späten, um einen Blick auf die nackten Weiber zu erhaschen. Der Neid auf die Klassenschönste, die sich im neuen Bikini am Beckenrand räkelte und hinter der alle her waren, obwohl sie nur Jojo mit ihnen spielte und, nebenbei bemerkt, außerdem auch noch prasselblöd war. Und auch ganz intensiv das Gefühl, nicht dazu zu gehören, ausgeschlossen zu werden, nur weil man die Drittdickste in der Klasse ist, oder den Bikini der älteren Schwester auftragen muss.
Geschildert wird eine eigentlich unspektakuläre Geschichte. Fünf Jugendliche verbringen ihre Sommerferien im Freibad. Und in dieser ungewohnten Stimmung von Freiheit entwickeln sich die Charaktere und neue Beziehungen. Von der anfänglich unverbrüchlichen Freundschaft zwischen Gerber und Surbeck bleibt am Ende des Sommers nur noch das Ritual, Zigaretten auf Lunge zu rauchen. Denn die schöne Hanna entscheidet sich zunächst für Gerber, findet aber dann Surbeck auch sehr nett. Zwischenzeitlich mausert sich Klein Gerber, legt seine kindliche Verspieltheit ab und kann, gleichsam unter dem Radarschirm der anderen fliegend, nachdenklich feststellen, dass Lena, die sich mit der Rolle des hässlichen Entchens schon fast arrangiert hat, eigentlich mächtig abgenommen hat, in letzter Zeit.
So wehte ein allgemeiner Hauch von Melancholie durch Publikum, das man auf Hockern im Schwimmbecken platziert hatte, als von der Decke wehendes Laub vom Ende des Sommers kündeten. Die Sitzordnung mit den Hockern irritierte nur anfänglich, denn genau dies machte es möglich, das der ganze Raum bespielt werden konnte und gleichzeitig den Raum für emotionales Mitgenommenwerden schuf. JB
nächste Vorstellungen: 19., 20., 22., 23., 25. Oktober 2016; dann wieder: 16., 22., 23. Juni 2017 in der Semper Zwei.
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