Prüfung bestanden – Die Tanzcompagnie der Landesbühnen probiert sich mit »Obsession« in eigenen Choreographien
26. September 2015 – Die erste Arbeit des neunteiligen Abends, die Choreographie »Drifting« von Joana Martins, könnte als bildliche Klammer für den Rest gelesen werden: Das behutsame Ausrollen einer kreisrunden Begrenzung auf dem Boden und das Vermessen dieses Innenbereiches, der vertrauten Umgebung. Der Kreis, aus dem man sich langsam hinaus wagt, auf unbekanntes Terrain, um erste, tastende Schritte zu unternehmen, unsicher, vorsichtig. Schließlich handelt es sich bei allen Arbeiten um eigene choreographische Versuche der Tänzer. Dem ist aber nicht so. Was folgt, sind keine unsicheren Anfänge, kein Stolpern ins Dunkle. Alle Arbeiten sind sicher und schlüssig. Kein Ansatz fällt aus dem Rahmen.


Der für den Abend gewählte Titel »Obsession« ist weniger ein Oberbegriff dessen, was auf der Bühne zu erleben ist, sondern vielmehr grundlegender Kern einer Tänzerkarriere. Dieser zeigt sich nicht zwangsläufig in Form jener »Besessenheit«, sondern ist in erster Linie der Fokus auf die Entwicklung der eigenen tänzerischen Ausdrucksmöglichkeiten. Und die fallen schneller weg als einem lieb ist; die berufliche Laufbahn eines Tänzers endet nicht selten mit Mitte 30. Und was dann? Wenn der Fokus, die »Besessenheit« vom eigenen Wirken durch eine neue Tätigkeit ersetzt werden will stellt sich die Frage nach einer Neuorientierung. Im Fach zu bleiben und eigene Arbeiten zu entwickeln ist da nur eine der Möglichkeiten. Und eben die wird hier getestet.


Die individuellen Ideen, die jeder Choreographie zugrunde liegen sind dabei in einem Schmelztiegel gelandet. Die Tatsache, dass alle Beteiligten neben der eigenen choreographischen Aufgabe auch als Tänzer in den Arbeiten der anderen involviert sind, hat ein großes Maß an gegenseitigem Verständnis in der jeweiligen tänzerischen Umsetzung entstehen lassen. In allem ist ein deutliches Miteinander erkennbar, eine klare Linie des Choreographierens füreinander. Das macht die stimmige Gesamtwirkung dieses Abends aus.


Die monochromen Kostüme (Ausstattung: Irina Steiner) sind zurückgenommen, neben Schwarz und Weiß gibt es nur gebrochene, ruhige Farben. Dadurch sticht keine der Arbeiten optisch aus der Masse, bleibt aber trotzdem von den anderen abgesetzt. Einen Favoriten bietet diese Ansammlung schlussendlich nicht, sondern eine geschlossene Ensembleleistung. Das muss man erst mal hinkriegen.




Rico Stehfest / Fotos: Hagen König

Nächste Vorstellungen: 26.9. & 6.11.2015



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