Morbider Spaß im Schloss Übigau – Die Comödie lädt zum sommerlichen Familiendinner bei der „Addams Family“

2020 ist fraglos eines der schwierigsten Jahre, auch für die Comödie. Aufgrund der Corona-Pandemie mussten für Monate zahlreiche Veranstaltungen abgesagt werden. 7 Premieren hatte die Comödie zudem in diesem Jahr geplant. Darunter u.a. „Alter Schwede“, das Sommertheaterstück im Hotel Elbflorenz, mit schwedischen Hits von Roxette bis Abba oder „Lustgarantie“ mit Dagmar Frederick. Beides musste nun auf 2021 verschoben worden. Doch die vielleicht größte Premiere des Jahres findet statt: „The Addams Family“ darf ins Übigauer Schloß einziehen. Mit Abstand versteht sich.

Comic-Autor Charles Addams begeisterte schon in den 1930ern beim „New Yorker“ mit seinem morbiden Humor, um die schwarz gekleidete Grusel-Familie, die immer so ganz von dem Gegenteil entzückt ist, was der „normale“ Bürger sonst zu schätzen weiß. Nach einer populären Fernsehserie aus den 60ern und natürlich mit den Filmen, in denen u.a. Anjelica Huston und Christopher Lloyd zu sehen waren, kam 2010 die Musical-Version von Andrew Lippa zum Broadway, die es 2014 auch nach Deutschland schaffte. Und nun, im schwarzen Jahr 2020, kommt die dazu passende „Family“ erstmals als „Grusical“ nach Dresden, natürlich in einer lokalisierten Version.

Die Grundstory um Wednesday Addams, die sich als mittlerweile 18-jährige Tochter des Hauses unsterblich in einen „Normalo“ verliebt und diesen auch heiraten will, bliebt gleich. Vater Gomez Addams ist davon so gar nicht begeistert, gibt jedoch Wednesdays Angebetetem und seiner Familie die Chance, sich bei einem Dinner besser kennenzulernen. Doch bei zwei so grundverschiedenen Menschenschlägen scheint das Ganze schnell aus dem Ruder zu laufen...

Der morbide Grundwitz der Addams Family ist fraglos gewöhnungsbedürftig und wer von den gruseligen Gestalten vorher noch nie etwas gehört hat, der sollte sich erst einmal über den Humor des Ganzen informieren. Doch wer weiß, auf was er sich einlässt, dessen Erwartungen werden von der Comödie ziemlich genau erfüllt: Pechschwarze Witze über den Spaß an verschiedenen Foltermethoden, skurrilen Fantasien über das Sterben und dem ewigen Grundgedanken, dass der eigene Lebensstil doch so viel langweiliger ist, als der der Addams. Und solch ein schwarzes Werk dann aufgepeppt als Musicalversion mit viel, viel Gesang. Zwei Welten treffen aufeinander wie immer bei den Addams.

Und damit das Ganze irgendwo etwas Eigenes hat, wurde in die hiesige Version noch etwas Lokalkolorit eingespielt. So wohnen die Addams hier in der Geschichte auch wirklich im Schloss Übigau und können es nicht lassen, sich über die merkwürdige Nachbarschaft zu wundern. Zudem sächselt die zukünftige Schwiegermutter von Wednesday, das es nur so eine Freude ist. Und um alles noch an die aktuelle Zeit anzupassen, bringt Lurch auch schon einmal Desinfektionsmittel und Oma Addams hört man nur ab und an einmal laut Fluchen, da sie in Quarantäne ist.

Sowieso musste das Stück an vielen Ecken für Corona angepasst werden. So gelten die Abstandsregeln nicht nur vor, sondern auch auf der Bühne, was bei 3 Pärchen am Schluss gar nicht so einfach ist. Und so küsst Familienpatriarch Gomez dann auch nicht Morticas Arm, wenn diese französisch spricht, sondern deren Kleid und bevor es zum Kuss auf den Mund kommt, kommt kurzerhand Frischhaltefolie ins Spiel. Das mag alles etwas sonderbar wirken, ist aber letztlich so gut in die Geschichte gepackt worden, dass es nicht stört. Das Bühnenbild ist zudem aufwendig inszeniert, vor allem das Dinner an seiner langen Tafel (7 Darsteller müssen je 1,5 Meter Abstand halten) ist beeindruckend gemacht. Und das eiskalte Händchen wird von einer Puppenspielerin schön unscheinbar und doch passend ins Szene gesetzt.

Des weiteren ist das Gelingen auch den toll aufgelegten Darstellern zu verdanken. Carolin Masur, Tochter des Dirigenten Kurt Masur und ausgebildete Opernsängerin, spielt die diabolische Mortica Addams mit viel Hingebung und kann gesanglich hoch auftrumpfen. Mafia Mia-Darsteller Bert Callenbach gibt den feurigen Gomez mit einem herrlichen Schalk im Nacken. Am bekanntesten dürfte aber vor allem Philipp Richter den Comödienfans sein, der hier als grummeliger Butler Lurch mal wieder sein volles Können für ungewöhnlich komische Rollen, auch (fast) ohne Text, zum Besten gibt. Dazu weitere bekannte Gesichter wie den vom Boulevardtheater „ausgeliehenen“ Andreas „Goldi“ Goldmann als Pusley oder Susanna Mucha als Wednesday.

„The Addams Family“ ist sicher nicht ganz das, was man von der Comödie erwarten würde und dennoch ein sehenswertes Theatererlebnis in diesen ungewöhnlichen Zeiten. Eines, das vor allem durch morbiden aber stets sympathischen Witz, Andrew Lippas unglaublich schmissige Musical-Nummern und einer tollen Arbeit auf und hinter der Bühne zu begeistern weiß. Die Addams laden in ihre neue Behausung im Schloss Übigau ein und diese Einladung kann man, trotz seiner merkwürdigen Bewohner getrost annehmen – wenn man sich traut.
David Hilbert / Fotos: Robert Jentzsch

Nächste Aufführungen: vom 31.7. bis 8.8.2020 und vom 14.8. bis 30.8.2020 täglich um 19:30 Uhr im Elbschloss Übigau.



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