Meisterin Eckhart auf dem Weg in die Brunzbude – Lisa Eckharts grandioses Gastspiel in der Jungen Garde


21. August 2020 – Es ist eine drollige Zeit, wenn das Gastspiel einer Kabarettistin von Polizeipräsenz begleitet wird. Überrascht hat das niemanden. Durch alle Medien ging in den letzten Tagen Lisa Eckharts Ein- und Aus- und Wieder-Einladung zum Hamburger Harbour Front Literaturfestival, im Rahmen dessen sie aus ihrem kürzlich erschienenen Roman »Omama« lesen sollte. »Linke Gruppen«, so der Tenor, hätten wohl die Lesung stören können oder wollen. Der Grund: Lisa Eckhart sei eine Antisemitin. Oder sowas in der Art. Das verkennt natürlich die Tatsache, dass Lisa Eckhart Kabarettistin ist. Als solche kann sie gar keine Antisemitin sein. Aber Schwamm drüber.

Am Rand der Jungen Garde hatte sich, nicht überraschend, gestern eine Gruppe Protestierender aufgestellt. Auf Flyern mit einem krude formulierten Text hieß es dazu: »Deshalb fordern wir: Diskriminierung keine Bühne geben!« Wir? Wer ist das? Die Frage blieb unbeantwortet. Natürlich kam es dann während des Bühnenprogramms zu akustischen Störversuchen von außerhalb, die aber als lästiges Grundrauschen abgetan werden konnten. Lisa Eckhart selbst tat das einzig Richtige: Sie selbst hielt jenen Flyer in der Hand. Und sie wusste die Situation für sich zu nutzen. Schließlich ist Lisa Eckhart Lisa Eckhart: »Keine Sorge! Ich werde heute niemanden diskriminieren! Ich werde jede Ethnie, jede Religion und jedes Geschlecht erwähnen.« Noch Fragen?


Die Kabarettistin braucht bekanntlich nicht viel. Ein Barhocker, ein Mikrofon und ihr atemberaubender Morgenmantel im Versace-Design. Die Attitüde sitzt. So hat sie eben den Lockdown »wund, verfault, in Kot gebeizt« verbracht. Auch gut. In der hohen Kunst des Social Distancing ist sie nämlich ein Naturtalent. Deshalb wird Meisterin Eckhart im Zug nicht erkannt. Sie führt das Publikum souverän durch die »Leistungsgruppe 2« und lässt den Heiland als Drachen steigen und weiß, dass man Zeugen Jehovas schwerer los wird als Silberfische.


Ihr aktuelles Programm »Die Vorteile des Lasters« hat sie in sieben Kapitel gegliedert: die sieben Todsünden. Darin gibt sie unmissverständlich zu verstehen, dass sie als Frau keine Rechte möchte, sondern Privilegien. Deshalb gilt für sie ganz klar das Credo: »Fassen Sie mir an die Brust, aber duzen Sie mich bitte nicht!« Das ist unmissverständlich, so unmissverständlich wie das kabarettistische Bühnenprogramm einer Kunstfigur eben sein kann. Antisemitisch? Das geht per definitionem gar nicht. »Was darf Satire?« Wer diese Frage stellt, hat wohl so einiges nicht begriffen. Deshalb meint Lisa Eckhart ja auch gegen Ende ihres Programms: »Bleiben Sie gesund! Und bleiben Sie bei Trost!« Humor ist, wenn man … lacht.

Rico Stehfest / Foto: Franziska Schrödinger




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