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Irrtum der Revolution – Die Freispieler täuschen ihre »Weltraumaffen«


15. Dezember 2019 – Alles beginnt mit einer Reflexion über das Postwesen. Vereinfacht gesagt funktioniert dieses nur deshalb, weil jeder mitmacht, jeder die Regeln befolgt. Zunächst mag unklar sein, welche Aussage damit getroffen werden soll. Wenn dann eine Zeitungsredaktion als Ort der Informationsverarbeitung mit seiner Aufgabe der Ermöglichung eines gesellschaftlichen Diskurses im Sinn der Aufklärung von anonymer Seite mit terroristischen Akten in seinen Grundfesten angegriffen wird, wird klar: Revolution statt Reform.


Auf der Grundlage von Chuck Palahniuks Roman »Fight Club« und weiteren Texten entwerfen die Freispieler mit dieser Inszenierung das Bild einer so unruhigen wie beunruhigenden Tendenz, einer gesellschaftlichen Position, die sich aus dem Konzept des »us and them« speist. Wir hier unten gegen die da oben. Damit wird deutlich, welch verblüffende Tagesaktualität dieser Stoff hat. Immerhin ist die Vorlage inzwischen fast 25 Jahre alt. Wenn es erst noch halbzynisch heißt, der Terrorismus sei ein Segen, zumindest für den Journalismus, entziehen die Mitglieder des streng geheimen Clubs Nullpunkt gefühlt allem sozialen Konsens mit ihrem Credo »Fuck the running system!« den Boden unter den Füßen. Brandstiftung am Montag, Überfälle am Dienstag. Nur der Nullpunkt kann die Menschheit retten. Das Recht ist mit dem Saboteur. Ein wirklicher Plan ist das nicht. Da fehlt eigentlich nur noch der Satz »Das wird man ja noch machen dürfen«.


Der innere Widerspruch der Aktionen speist sich aber gerade dadurch, dass der charismatische Anführer der Bewegung strengste Regeln etabliert, die es in jedem Fall einzuhalten gilt. Und prompt entsteht damit eine Sogwirkung, die das System, das es zu stürzen gilt, kopiert: Das Konzept funktioniert nur dann, wenn sich alle an die Regeln halten. Das Bild des Weltraumaffen als Subjekt eines Experimentes ist zweischneidig. Der Affe, der ins Weltall geschossen wird, wird nicht zu seiner Meinung befragt. Weil er nicht dazu befragt werden kann. Hier wird keiner zu seiner Meinung befragt, weil er in Wahrheit keine haben soll.


Dramaturgisch findet diese Demagogie seine Entsprechung, indem die einzelnen Szenen nicht direkt ineinander greifen, anders gesagt: nicht vordergründig schlüssig daher kommen. Die Bruchstücke setzen sich langsam zu einem Ganzen zusammen, nur, um am Ende zu zeigen, dass keine Erkenntnis gesichert ist. Zwischendurch werden immer weitere rote Fäden durch den Raum gespannt. Schnell wird deutlich, dass sich diese eben nicht zu einem neuen System ergänzen. Das Spinnen der Fäden ist Augenwischerei. Stattdessen bilden sie sichtbare Stolperfallen für die Beteiligten. Geblendet von der Aussicht auf neue Ziele manövrieren sich alle immer tiefer in ihren eigenen Aktionismus und erkennen dabei nicht, dass jene Ziele überhaupt nicht ausformuliert sind. Man kann nicht mal von einer Utopie sprechen. Als Erkenntnis bleibt nur eins: Sich allein darauf zu verlassen, der Intellektuelle trüge Schwarz, kann sich als fataler Irrtum entpuppen.

Rico Stehfest / Fotos: Richard Moor

nächste Vorstellungen: 15., 16. Januar und 21., 22. Februar 2020 in projekttheater



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