Für Jung und Alt ein großer Spaß – »Charleys Tante« im Boulevard-Theater
Das Boulevardtheater begibt sich zu den Anfängen seines Namens. Die Geschichte um einen Butler in Frauenkleidern, der für seinen Herren eine Farce für dessen Angebetete spielt, ist bereits über hundert Jahre alt: 1892 erblickte das Stück »Charleys Tante« erstmals das Scheinwerferlicht der Bühnenwelt und mauserte sich seitdem zur erfolgreichsten Boulevard-Komödie aller Zeiten. Und nun schlüpft der beliebte Mime und Musiker Philipp Richter in die Fummel. Und das zum Tränen lachen gut.

Die erste Begeisterung entwickelt sich dabei schon zu Beginn. Denn es wird nicht nur der Titel in berühmter Schwarz-Weiss-Film Manier auf den Vorhang projiziert, durch die intensive Ausleuchtung der Bühne mit Effektlicht verschwinden alle Farben und die ersten 20 Minuten sehen die Zuschauer so, als würden sie in einem Film aus eben jener Zeit sitzen. Nur das wir es nicht mit einem Stummfilm zu tun haben, denn auch wenn in den ersten Minuten kein Wort gesprochen wird und die Akteure in bester Charlie Chaplin Manier über die Bretter fegen, schon bald wird die musikdudelnde Schallplatte zerbrochen und die Sprache hält Einzug ins Stück. Und sobald dann die Damen auf der Bühne erscheinen, kommt auch wieder Farbe ins Spiel. Eine wirklich schöne Idee.  
Das Stück selbst hält sich recht treu an die Vorlage, auch wenn die Story zeitlich hier in die Ära kurz nach dem Sinken der Titanic angesiedelt wurde, sprich 1912 spielt. Es bietet Slapstick und Komik, aber auch ein Portfolio an tollen Kostümen und Ideen. Das Bühnenbild ist facettenreich, der Zeit entsprechend und mit so einigen Easter Eggs bestückt, die man nur entdeckt, wenn man sich das Bild einmal ganz genau anschaut. Dazu das zweiteilige Bild der Titanic, dessen eine Hälfte als »Running Gag« immer wieder nach unten rutscht.

In Sachen Darsteller punkten vor allem die bekannten Gesichter um Philipp Richter, Stefanie Bock, Michael Kuhn und Volkmar Leif Gilbert. Allesamt gehören sie zum festen Ensemble des Hauses, Kuhns Mimenspiel in der Rolle des Francis Chesney ist ein absoluter Hingucker und erinnert mitunter an die großen Stars seiner Zeit. Richter ist in der Hauptrolle der falschen Tante ebenfalls zum Brüllen, Gilbert und Bock dagegen wieder das Traumpaar, dem man nur zu gerne beim gemeinsamen Spiel zuschaut.

Insgesamt ist »Charleys Tante« somit ein großer Spaß für Jung und (diesmal vor allem) für Alt. Wer schon frühere Versionen des Stück kennt, wird sich wunderbar in diese Neuinterpretation einfinden können. Man bleibt dem Stück treu genug und hat dennoch den Mut, Neues hineinzubringen. Doch auch wer noch so gar nichts von diesem Klassiker gehört hat, wird seine Freude haben. David Hilbert

Nächste Vorstellungen am 1./3./5.-7.10. sowie vom 9.-13.11.2018



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