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Düstere Mahnung – Die Landesbühnen Sachsen sind mit »Romeo und Julia« bedrückend aktuell


28. Oktober 2018 – Eigentlich ist hier bereits am Anfang alles vorbei. Die Kulisse ist Trostlosigkeit pur, Häuserruinen sind Zeugen offenbar maßloser Gewalt und Krieg. Mittendrin sprüht die Montague-Clique fleißig Murals und Tags auf einen klobigen Felsen. Bereits in der Kleidung unterscheidet sich der Capulet-Clan durch eine gewisse Vornehmheit. Ihre Kostüme sind eher historisierend angelegt. Eine solche Differenzierung findet sich häufig in Inszenierungen des Shakespeare-Klassikers.


Hier steht allerdings weniger die Gegensätzlichkeit der beiden Familien mit ihrem ewig andauernden Zwist im Vordergrund. Die Kluft zwischen den beiden rivalisierenden Gruppen wird gewissermaßen durch eine zusätzliche Instanz überbrückt. Es handelt sich dabei um eine Gruppe von dunklen Gestalten, die das Programmheft als »Das Verhängnis« ausweist. Diese schwarzen Wesen sind optisch so angelegt, dass man sie als nichts anderes bezeichnen kann als vollverschleiert. Menschen sind das nicht, keine Individuen. Sie tauchen immer dann auf, wenn es gewalttätig wird. Und Gewalt ist das zentrale Element dieser Inszenierung, eine unterschwellige Bedrohung unentrinnbarer Eskalation unterliegt jeder Szene. Ihr Auftauchen entindividualisiert den Konflikt der beiden Familien und reduziert ihn inhaltlich auf den Akt bloßer Gewalt und macht das Geschehen damit exemplarisch.


So sind es während des Maskenballs auch nicht die samtenen Klänge Prokofjews, die das erste Aufeinandertreffen von Romeo und Julia begleiten. Die Gäste verstecken sich allesamt hinter Masken, die so gar nichts Fröhliches an sich haben. Beunruhigend sind sie in jedem Fall. Und aus den Boxen dröhnt aggressiver Techno. Und wenn die Tänzer ihre Masken auf den Hinterkopf drehen und sich so die Vorderseite nach hinten kehrt, grüßt der Exorzist.


Die Choreografie von Carlos Matos und Wencke Kriemer de Matos trägt das Geschehen geschmeidig, ohne große Auffälligkeiten. Gegen Ende hin, zeigt sich aber, wie es aussehen kann, wenn Dramaturgie und Choreografie sinnvoll ineinandergreifen. Wenn Julia von Pater Lorenzo den Todestrunk bekommt, wird die Szene stark retardiert, und Julia tanzt inmitten der schwarzen Gestalten, direkt eingewoben in das dichte Netz dieses Verhängnisses. Hier intensiviert sich die Choreografie deutlich.


Völlig auf sich gestellt ist hingegen Romeo, wenn er seine vermeintlich tote Geliebte in den Armen hält. Der Totentanz, der hier folgt, ist der definitive choreografische Höhepunkt des Abends und, bei allem Makabren, das dieser Szene inne ist, absolut sehenswert. Als schließlich beide tot sind, wird der klobige Felsen zu ihrem Grabstein, der sie förmlich einschließt.


»Wir leben in einer düsteren und beängstigenden Zeit«, zitiert das Programmheft Albert Schweitzer. Einen Hoffnungsschimmer bietet die Inszenierung nicht. Desto stärker ist die Mahnung darin zu lesen.

Rico Stehfest / Fotos: Hagen König

nächste Vorstellungen: 31. Oktober, 24. und 29. November, 26. Dezember an den Landesbühnen Sachsen, Radebeul



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