Die »Was wäre, wenn...?«-Paartherapie – Gelungene Premiere von Max Frischs »Biografie: Ein Spiel« im Societätstheater


Wer hat sich nicht schon einmal gewünscht, wie Hannes Kürmann in Max Frischs »Biografie: Ein Spiel«, einen entscheidenden Moment in seinem Leben noch einmal wiederholen zu können? Für den betagten Akademiker eröffnet es die Chance, die längst gescheiterte Ehe zu verhindern, die sein Leben regelrecht ausgesaugt hat. »Sie soll aus meiner Wohnung verschwinden! Ich will eine Biografie ohne Antoinette!« geht und fleht Kürmann seinen etwas anderen Therapeuten zu Beginn des Stückes an. Ihr Kennenlernen beim nikotingeschwängerten Party-Ende vor sieben Jahren ist der Startpunkt für das »Was wäre wenn«-Spiel, in dem Kürmann und Antoinette um nichts anderes, als ein unromantisches Happy End würfeln. Ein ums andere Mal sitzt sie (Natalie Hanslik) elegant und kess am Bühnenrand, versichert ihm, dass sie auch gleich gehen werde – und liegt wenige Minuten später in seinen Armen. Es hilft auch nicht, dass der temperamentvolle Alkoholiker Hannes gern vor langer Zeit dem Whisky abgeschworen hätte, um eben diesen nicht Antoinette als vermeintlichen Abschiedstrunk anzubieten. Denn »der Zufall« will es so, dass er ihn in dieser alternativen Biografie noch um so dringender brauchen wird.

Regisseurin Amina Gusner muss selbst ein Stück weit gegen das Schicksal dieser Ehe-Komödie ankämpfen, die seit ihrer Uraufführung vor fast 50 Jahren immer wieder als banal und unpolitische Lebensanalyse verrissenen oder – wohl noch schlimmer für Frisch – belächelt wurde. Und das tut sie mit gutem Timing für Stimmungswechsel und einem interessanten Fokuswechsel. Bei der Premiere im Societätstheater war es nämlich vor allem »Spielleiter« Tim Mackenbrock, der in der rasanten Inszenierung den Takt vorgab. Sein anfangs vollstes Verständnis für die spontanen, aber allenfalls homöopathisch wirkenden Einfälle seines Klienten, die dessen Leben entscheidend ändern sollen, weichte einer Genervtheit, die Thomas Stechers etwas zu passiv agierenden Kürmann ordentlich antreibt. Ob mit seinem therapeutischen Mienen- und Körperspiel, oder, wenn er ganz autoritär um Aufmerksamkeit schnarrende »Herr Kürmann!«-Satzschleifen ins Gehör der Zuschauer hämmerte: Mackenbrock beherrschte diesen unterhaltsamen Frisch-Abend komplett und brachte dem Trio am Ende viel Bonusapplaus ein.

Martin Krönert/ Fotos: Detlef Ulbrich

Nächste Aufführungen am 15., 16. September 2017.



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