»Die Hölle, das sind die anderen«: Bühnamit präsentiert Jean-Paul Sartres »Geschlossene Gesellschaft«
Die Hölle ist in diesem Stück ein geschmacklos eingerichteter, viel zu heißer Raum mit einer riesigen, permanent winkenden Maneki-neko-Figur. Und als wäre das nicht schon genug, müssen sich die Protagonisten diese Kitsch-Ödnis auch noch teilen. Ohne eine Rückzugsmöglichkeit in die Privatheit wird Gesellschaft zur Folter. Dass dies die wahre Gestalt des Fegefeuers sein muss, begreifen Garcin, Inès und Estelle recht schnell. Sie finden nicht wirklich zueinander, können aber auch nicht voneinander lassen. Nachdem sie sich recht widerwillig ihre sündhaften Taten gebeichtet haben, verliert das irdische Leben die letzte Relevanz innerhalb der Höllen-Existenz. So will Inès die schöne Estelle für sich gewinnen, aber diese sieht ihr Dasein nur durch die Liebe eines Mannes bestätigt, weshalb sie um den einzigen Mann buhlt, der ihr in dieser Welt noch zur Verfügung steht. Der ehemalige Journalist und Tyrann Garcin fühlt sich durch Estelle zunächst in seiner Männlichkeit bestärkt, sehnt sich aber eigentlich nach der intellektuellen Anerkennung von Inès. Das menschliche Dasein entfaltet sich erst im Blick des Anderen. Auf diese Weise wird jeder zum Peiniger des Anderen, weshalb ein emotionaler Zusammenbruch den nächsten jagt. Hier beweist das Ensemble Leidenschaft zum Spiel. Der Minimalismus der Inszenierung, die ganz ohne Musik auskommt, macht den Theaterbesuch sehr intensiv und fast schon anstrengend. So ist man sogar ein bisschen erleichtert, wenn das Höllenspektakel sein Ende findet. Am Schluss bleibt nur die aufdringliche, goldene Winkekatze, die wie die Figuren stets die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken versucht.
Nicole Scheffel
Nächste Vorstellungen: 7. & 8.11 im projekttheater sowie 14./15./26.11. im Theaterhaus Rudi
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