Blixa Bargeld und Teho Teardo am 29. März 2014 im Beatpol.
Dass ein Blixa Bargeld Dresden beehrte, liegt eine ganze handvoll Jahre zurück – damals zur Vorstellung seines Buches »Europa kreuzweise – eine Litanei«. Um zu erinnern, wann er denn mit großem Orchester, den Einstürzenden Neubauten, zum letzten Mal diese Stadt beehrte, bedarf es zum Zählen schon der zweiten Hand. Der Termin im Beatpol nun offenbarte eine früher selten gehörte Facette des wohl charismatischsten deutschen Musikexports: die Innenschau, die leisen, ganz verhaltenen, reduzierten Töne. Auch wenn gern auf das teils unhörbar lärmige Frühwerk der Einstürzenden Neubauten reduziert, ist Blixa Bargeld neben seiner Arbeit als Musiker auch Autor, Schauspieler, Performance-Künstler und Komponist auf verschiedensten Wegen und Bühnen. 2009 führte eine Anfrage aus Italien über die Realisierung des Theaterstückes »Ingiuria« zur Zusammenarbeit mit Teho Teardo, seines Zeichens in erster Linie Filmkomponist. Daraus ergab sich die Verpflichtung beider zur Erarbeitung des Soundtracks für einen Film über einen Mafia-Aussteiger und diese Kollaboration wiederum führte zur Veröffentlichung eines ganzen Albums (»Still Smiling«) im Sommer 2013. Material, das während zweier Jahre in Rom und Berlin entstand – und welches nun im gut gefüllten Beatpol vorgestellt wurde.

Bargeld, stocksteif im schwarzen Dreiteiler vor dem Mikrophon, umrahmt von der Cellistin Martina Bertoni und Teardo an Gitarre und Rechner, lässt seine hypnotische Stimme zwischen den Zuhörern kreisen, dass es eine Freude ist. Dieser schöne, satte, so facettenreiche Bariton zeigt sich uns von seinen verletzlichsten Seiten. Dazu passend das darum gewebte Klangkonstrukt aus klassischem Instrumentarium – zur Halbzeit kommt gar ein Streichquartett hinzu – elektrischer Gitarre und diversen Samples, Rasseln, Störgeräuschen. In Interviews sprechen die Künstler von Kammermusik in europäischer Tradition, dem mag man sich gern anschließen. Bargeld Texte wie immer metaphernreich, collagenartig – und doch nicht so verrätselt, wie er es sich gern mit den Neubauten gestattet. Offener, vielleicht. Seine Gedanken bietet er wie immer multilingual an, zu Deutsch und Englisch tritt hier, wie soll es anders sein, Italienisch. Ein Schmunzeln konnte ich mir noch nie verkneifen, wenn Bargeld mit harter deutscher Betonung und Melodie Englisch spricht – sein Italienisch jedoch ist in puncto Akzent dem des zurückgetretenen Papstes ebenbürtig. Mi scusi.

Ein volles Abendprogramm wurde von den drei bzw. sieben Musikern aus nur einer Veröffentlichung geschöpft – dafür ein Kompliment angesichts manchen Konzertes von unter einer Stunde Dauer. Allerdings war man im Publikum hernach durchaus geteilter Meinung, ob dieses Konzept in der gebrachten Form auch über einen ganzen Abend tragen kann. Zu ruhig vielleicht, zu gleichartig die dargebotenen Stücke. Kurz vor Schluss, im Zugabenteil, dann doch noch ein kleiner Aufreger, eine Perle: »Crimson and Clover« wurde gecovert – auf italienisch! Da durfte man den schwarzgewandeten Sänger noch ein paar Tanzschritte wagen sehen. Von wegen »keine Ironie«: Bargeld lacht! Tom Ehrlich/ Fotos: André Hennig




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