Architektin ihrer selbst – Hyoung-Min Kim baut im projekttheater »Gelbe Landschaften«
Eine Koinzidenz, wie sie im Buche steht: Die Performance-Künstlerin Hyoung-Min Kim stammt zwar aus Seol, nur steht die Tatsache, dass ihre neueste Arbeit »Gelbe Landschaften« ausgerechnet am Freitag im projekttheater zur Uraufführung kam, in keinem Zusammenhang mit dem zur Zeit laufenden Korea-Festival.
Rein koreanisch arbeitet die Performerin auch nicht. Sie hat unter anderem bei Constanza Macras / Dorky Park getanzt und lebt Einflüsse aus unterschiedlichsten Kulturen. Wenn Sie zu Beginn auf einem steinernen Bett aus Betonziegeln ruht und sich kaum zu bewegen scheint, meint man sich irgendwo zwischen Butoh und Kabuki. Für eine schlichte Drehung des Oberkörpers, nur eine halbe, lässt sie sich mehr als zwei Minuten Zeit. Das Gesicht in stählerner Ausdruckslosigkeit.
In ihrer Langsamkeit liegt ihre Stärke. Begleitet von Geräuschen des Windes gleitet sie in minimalen Bewegungsabläufen von einer Position in die nächste. Das mutet an wie lockerer Schnee oder Dünensand, der vom Wind beständig, fast unmerklich umgebaut, neu geformt wird. Das bietet viel Gelegenheit für Assoziationen, Abschweifen der Gedanken. Der Zuschauer ist nicht direkt gefordert, sondern fast reduziert auf den Kern: das Zuschauen. Zu sehen bekommt man eine Performerin, die lange regungslos auf der Bühne liegt, halb auf den Ziegeln, halb daneben. Ein Unfallopfer. Dann greift sie zum Mobiltelefon, lauscht. Was sie hört, bleibt offen.
Hyoung-Min Kim zerlegt ihre Ziegelsammlung, sortiert um, ordnet neu. Langsam, kompliziert und mühsam errichtet sie drei fragile Säulen, auf denen währenddessen ihr Körper ruht. Brüchige Stärke. Dann, nach kurzem Umbau, ist es nur noch ein Stapel, oder vielmehr ein Podest, mittig, stabil. Sie baut es weiter auf, klettert mühsam empor, richtet sich auf, steht, aber in ihrem Gesicht ist nichts wie Befreiung oder Befriedigung zu lesen. Eher fast eine Art Entsetzen angesichts der Höhe. Geräusche wie von Regen, das Knistern einer Schallplatte wird lauter.
Auch wenn die Dramaturgie nicht komplett über die knappe Stunde trägt, haftet der Arbeit bei aller Reduziertheit und Langsamkeit nichts Beliebiges an. Hier ist nichts zu bloßem Selbstzweck ausgestellt. Nur Geduld sollte man mitbringen. Und die Bereitschaft, sich auf eine Performance einzulassen, die sich nicht selbst erklärt. Das tut auch nicht Not. Dem Programmheft liegt nämlich ein neckischer kleiner Papprahmen bei, in dem ein Stück gelber Plastikfolie klebt. Blickt man hindurch, sieht man sie wohl, die gelben Landschaften. Rico Stehfest/ Fotos: crispin-i.mokry
Nächste Vorstellungen im projekttheater: 20./21.9.2014, jeweils 20 Uhr.
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