■ Seit August ist Katharina Christl Rektorin der Palucca Hochschule für Tanz. Als junge Tänzerin lernte sie selbst noch bei der Tanz-Ikone Gret Palucca. Sie bringt als Tänzerin, Choreografin und Pädagogin eine langjährige Erfahrung mit, die sie in internationalen Projekten erworben hat: Sie begann mit choreografischen Arbeiten, erforschte performative Formate und arbeitete im Themenbereich von Tanz und Architektur. Seit 2015 leitet sie den Masterstudiengang Choreografie an der Palucca Hochschule. DRESDNER-Autor Rico Stehfest hat mit ihr über die Pläne für ihr neues Amt gesprochen.
Sie sind als langjährige Leiterin des Masterstudiengangs Choreografie mit den Strukturen der Hochschule bestens vertraut. Verschafft Ihnen das einen Vorteil hinsichtlich Ihres neuen Amtes und den damit im Zusammenhang stehenden Plänen?
Katharina Christl: Natürlich ist der Einstieg viel direkter und sicherlich hilfreich. Die Hochschule ist reich an Wissen, dank eines ausgezeichneten internationalen Kollegiums, das ich sehr wertschätze. Wir wollen unsere Vernetzungen ausbauen, um die Studierenden zu bereichern. Ein direkterer Austausch mit der HfBK und HfM Dresden zum Beispiel, wäre auch für die Tänzerinnen und Tänzer eine tolle Gelegenheit, aus dem Studio herauszutreten und neuen Themen zu begegnen.
Vielfältige, facettenreiche Erfahrungen stärken die Studierenden, sich innerhalb sehr unterschiedlicher, kreativer Arbeitsprozesse zu orientieren und zu qualifizieren. Ich sehe hierbei viel Potential für die Hochschule, um mit verschiedenen Partnern und mit innovativen Ausbildungsstrategien die Tanzlandschaft weiterhin aktiv zu gestalten. Hier in Dresden und Sachsen gibt es eine wachsende, spannende Community im Tanz, und wir sind ein aktiver Teil davon.
Was braucht es Ihrer Meinung nach heute, um zeitgenössische Tanzausbildung fit für die Zukunft zu machen?
Katharina Christl: Die Universität ist Teil einer demokratischen Lebensform und sollte ein Ort der Debatte sowie des lebenslangen Lernens sein. Ich sehe es als unsere Aufgabe, menschliche Werte und für die Gegenwart und Zukunft zu setzen – die Entwicklung von Soft Skills im Rahmen der Ausbildung für die Studierenden wird immer wichtiger. Die Studierenden sind die Reformer der Zukunft und brauchen dafür die Werkzeuge. Damit sind die Soft Skills alles andere als nur weiche Faktoren.
Die Zusammenarbeit und der Austausch auf Augenhöhe mit Studierenden und im Kollegium sehe ich nicht nur als Ausdruck der Wertschätzung, sondern als wichtige Voraussetzung für die zeitgemäße Weiterentwicklung der Hochschule. Dafür wollen wir auch die Studierenden stärker in Evaluierungen und Erneuerungsprozesse einbinden.
Sie denken dabei auch an einen Open Campus. Wie genau kann das aussehen?
Katharina Christl: Das Arbeitspensum ist bei uns sehr hoch. Und besonders ist auch bei uns die weite Spannbreite der Altersgruppen, von Nachwuchstalenten bis hin zu sehr erfahrenen Masterstudierenden und der Meisterklasse. Trotzdem möchte ich hier mehr Austausch, der mit der Zeit zur Selbstverständlichkeit wird. Es gibt schon heute Projekte zwischen der freien Szene Dresdens und Tanzstudierenden. Wir haben zum Beispiel Studierende des Diplomstudiengangs Bühnen-/Kostümbild der HfBK Dresden mit in unsere Tanzwoche auf Hiddensee genommen. Diese Begegnung und kreative Zusammenarbeit fördert eigene Ideen.
Wir wollen als Hochschule einladender sein, um selbstinitiierten Projekten Raum zu schaffen. In dichten Tagesabläufen brauchen unsere Studierenden auch mal Zeit, sich kennenzulernen. Diesen Sommer gab es ein erstes Picknick für alle bei uns auf dem Campus, ohne Thema und ohne Moderation – einfach nur, um einen Raum für Begegnung zu schaffen. Das ist nur ein Anfang.
Die Palucca-Hochschule feiert im kommenden Jahr ihr 100-jähriges Bestehen. Das ist eine gute Gelegenheit, die Position der Hochschule in der Stadt zu stärken und zu weiterer Sichtbarkeit zu verhelfen. Gibt es dafür entsprechende Pläne?
Katharina Christl: Es ist uns sehr wichtig, dieses Ereignis besonders hier in der Stadt und zusammen mit den Dresdnern zu feiern. In der Vorbereitung wurde uns klar, dass Dresden eine Tanzstadt ist und es mehrere Jubiläen gibt. Das Semperoper Ballett wird 200 und das Grüne Gewölbe 300 Jahre alt. Mit beiden werden wir nächstes Jahr mehrere spannende Veranstaltungen gestalten. Wir werden auch an vielen Momenten mitten in der Stadt sein, ob beim Archiv der Avantgarden, auf der Elbwiese oder im Festspielhaus Hellerau. Neben verschiedenen Galas in der Region hat uns die Stadt Dresden zu ausgewählten Momenten eingeladen. Neben unseren jährlichen Präsentationen wie der Soirée im Schauspielhaus, dem »Nussknacker« in der Semperoper oder unserem Palucca Tanz Studio an der Hochschule werden wir zusätzlich einen zweiten Tag der Offenen Tür anbieten, der aber anders sein wird. Am 1. Februar findet bei uns »Palucca bewegt« statt. Es soll eine Einladung sein zur Improvisation. Wir bieten Einblicke in Geschichte und Gegenwart, mit generationsübergreifenden Gesprächsrunden und Improvisationsworkshops zum Zusehen, aber auch zum Mitmachen. Palucca soll nicht nur das Publikum in der Seele und im Geist bewegen, sondern auch den Menschen Mut machen, sich selbst zu bewegen und sich einander zu begegnen.