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»Wenn auf der Bühne jemand sein Fett weg kriegt, dann bin das ganz oft ich« – Lara Ermer im Interview zu ihrem Auftritt bei der Humorzone
Lara Ermer im Interview zu ihrem Auftritt bei der Humorzone
■ Seit 2013 steht die Autorin, Moderatorin und Comedienne Lara Ermer auf Bühnen und hat mehr als 100 Auftritte pro Jahr im gesamten deutschsprachigen Raum. Inzwischen hat sie sich ein breites Spektrum an Stilrichtungen erschlossen. DRESDNER-Autorin Kaddi Cutz sprach mit Lara Ermer (Foto: Marvin Ruppert) anlässlich ihres Debüts bei der Humorzone.

Du bist seit einigen Monaten mit deinem ersten Solo-Programm »Zuckerjokes und Peitsche« unterwegs, auf der Bühne stehst du schon eine ganze Weile länger. Siehst du dich selbst überhaupt noch als Newcomerin?

Lara Ermer: Auf jeden Fall! Natürlich bin ich eine alte Bühnenhäsin und bringe elf Jahre Bühnenerfahrung mit, bin viel als Autorin, Moderatorin und bei Poetry Slams aufgetreten. Comedy ist aber ein eigenständiges Handwerk, das ich auch als solches ernst nehme und auch erst zwei Jahre vor der Pandemie angefangen habe, professionell auszuüben. Mit meinem Solo habe ich im Oktober Premiere gefeiert, 90 Minuten Show alleine zu füllen, ist natürlich absolutes Neuland für mich, und ich bin auch sehr froh, als Neuling wahrgenommen zu werden. Auch wenn ich viel verwandte Erfahrung mitbringe.

Frauen sind aber doch gar nicht lustig – zumindest hält sich dieses Vorurteil aus kosmischen Gründen nach wie vor hartnäckig. Was macht deine Comedy aus? Wieso bist du lustig?

Lara Ermer: Und wieso muss ich das als Frau eigentlich überhaupt beweisen? (lacht). Ich bin aus demselben Grund witzig wie alle anderen witzigen Menschen auch. Weil ich es schaffe, Menschen einen Moment zu geben, wo sie denken: Stimmt, darüber hab ich auch schon mal nachgedacht, aber noch nie so. Und dieses erleichterte und erstaunte Lachen darüber. Ich habe, glaube ich, ein gutes Auge dafür, was solche Themen sein könnten und habe mir das Handwerk hart erarbeitet, das in Comedy umzusetzen.

Dabei beschäftigst du dich durchaus auch mit Themen, die eigentlich gar nicht so lustig sind. Wie schaffst du es, diesen Komik zu entlocken?

Lara Ermer: Ja, das sind eben diese »Zeitgeistthemen«, ein Begriff, den man lieben oder hassen mag. Es geht von Mental Health, über Klimakrise, Sexismus, Feminismus und unseren Umgang mit Körpern. Das sind Themen, die die Welt bewegen und meine Generation vielleicht im besonderen. Themen, die schwierig sind und verkrampft und die uns, weil wir so viel darüber diskutieren, auch sehr verletzlich machen und empfindlich. Es ist die Natur von anstrengenden Dingen, dass sie weniger krampfig werden, wen man Witze darüber macht, da sind alle sehr dankbar, darüber auch mal zu lachen. Das ist ein sehr schöner Moment, aus dieser Defensive und diesem Gedankenmachen rauszukommen und den Witz dahinter zu erkennen. Und wenn ich kritisiere, dann in erster Linie immer mich selbst. Wenn jemand auf der Bühne sein Fett wegkriegt, dann bin das schon ganz oft auch ich. Das ist ja nur fair, denn ich bin diejenige, die da oben das Maul aufmacht. Ich teile aus und stecke ein im selben Zug. Ich lade Menschen ein in meine Welt, anstatt Welten abzuklappern und zu verurteilen. Auch wenn das natürlich nur die Welt einer weißen 26-Jährigen ist. Mein Anspruch ist, die Haltung, die ich habe, zu vermitteln. Die ist mir wichtig und zu der stehe ich. Trotzdem bin ich in erster Linie Comedienne, das ist mein Job und den nehme ich ernst.

Du bedienst damit ja aber auch Themen, wo die Meinungen durchaus ja gespalten sind. Merkst du das auch bei deinem Publikum?

Lara Ermer: Auf jeden Fall. In der Comedy treffen sehr unterschiedliche Menschen aufeinander. Das ist aber auch eine gute Möglichkeit, zu vermitteln. Im besten Fall merken Leute gar nicht, dass sie gerade Spaß mit einem Thema hatten, zu dem sie sonst ganz viel Anti-Meinung haben. Das ist auch so ein bisschen das Konzept hinter dem Programm »Zuckerjokes und Peitsche«, ich gebe beides mit und hoffe, dass der Zucker die Leute gut anfüttert.
Ich glaube, das kann ganz viel auflösen, wenn jemand einmal über eine gegenteilige Meinung herzlich lachen konnte, denkt er vielleicht nochmal etwas lockerer drüber nach. Das höchste der Gefühle ist eigentlich, wenn jemand, der einfach Null meiner Meinung ist, hinterher sagt, dass er total Spaß und einen richtig guten Abend hatte.

Du hast abseits der Bühne Psychologie studiert. Gibt es Schnittstellen zur Comedy?

Lara Ermer: Ich liebe es sehr, wenn man sich bei bestimmten Themen in der Comedy gesehen oder gar ertappt fühlt. Und da hilft es sehr, sich Menschen gut anschauen zu können, die Mechanismen dahinter zu sehen und zu begreifen. Das hat mir das Studium gebracht. Natürlich habe ich genau deswegen aber auch Psychologie studiert, ich mache ja beides aus einer ähnlichen Motivation heraus. Es hat mir neue Menschen und neue Themen eröffnet und, so banal das klingt, ist das Studium sehr nützlich wenn es darum geht, genau zu recherchieren und Quellen zu finden. Ich habe sehr viel Meinung, aber ich fundiere die auch. So gut, wie man Meinung eben fundieren kann. Da ist ein naturwissenschaftliches Studium zum Thema »Wie funktionieren Menschen?« tatsächlich sehr praktisch (lacht). Ich nutze bis heute psychologische Datenbanken, wenn ich mich in Comedy rein arbeite, deswegen kann ich für erstaunlich viele Stellen in meiner Comedy Quellen nennen und Studien, die dazu passen.

Wieso ist dir das wichtig?

Lara Ermer: Weil viel aus Intuition heraus passiert, ich die aber nicht einfach so dahinrotzen will, sondern das auch faktisch unterfüttern möchte. Zudem bin ich eine sehr selbstkritische Person. Und ich glaube, es geht vielen Frauen – vor allem Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen – ähnlich: Wenn man etwas äußert und andere Menschen das anzweifeln, ist die Gefahr sehr groß, dann auch an sich selbst zu zweifeln. Da hilft es wahnsinnig, zu wissen: Nein! Ich hab mir da sehr viele Gedanken zu gemacht und diese fundiert. Und dann nochmal alles überdacht. Und dann war ich immer noch dieser Meinung. Ich weiß, wovon ich da spreche. Das gibt viel Selbstsicherheit.

Bei der Humorzone bist du zum ersten Mal dabei. Worauf freust du dich besonders?

Lara Ermer: Der Newcomer-Wettbewerb wird von Suchtpotenzial moderiert, auf die freue ich mich total. Ich hab die noch nie persönlich getroffen und finde es unfassbar geil, in einer Show zu stehen, in der die auch sind. Das passiert ja, wenn man als junge Person auf der Bühne steht, dass man da plötzlich mit Leuten steht, die man selber toll findet. Das wird so ein Moment, ich freue mich total. Und auch sonst: Das Line-Up in diesem Wettbewerb ist ja der Hammer, ich würde mir die Show jederzeit selber anschauen. Ich freu mich sehr drauf, mit Leuten in einer Show zu sein, die ich für das, was sie tun, wahnsinnig bewundere. Das ist eine riesige Ehre, mit all diesen Menschen in einem Atemzug genannt zu werden.
Vielen Dank und viel Erfolg!

Lara Ermer ist am 11. März im Newcomer Wettbewerb im Kleinvieh dabei. Los geht’s um 20 Uhr. Die Humorzone findet vom 8. bis 12. März an verschiedenen Orten in Dresden statt. Weitere Infos gibt es unter www.humorzone.de

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