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DRESDNER Interviews / O-ton!
»Wenn alle mit den Köpfen wackeln, wird es funktionieren« – Fu Manchu im Interview
Fu Manchu im Interview
■ Bevor die Band als diesjähriger Headliner des »Heavy Psych Sounds Fests« in die Stadt kommt, unterhielt sich DRESDNER-Autor Matthias Hufnagl mit Sänger und Gitarrist Scott Hill über Punkrock, die Magie einfacher Riffs und eine anfängliche Abneigung gegenüber der Bezeichnung Stoner Rock.

Dieses Jahr war der 30. Jahrestag von »No One Rides For Free«, eurem Debüt. Außerdem erschien mit »The Return Of Tomorrow« die 14. Platte als Doppelalbum. Kannst du dich noch erinnern, als zum ersten Mal der Fu-Manchu-Vibe in der Luft lag? Ab wann war klar: So soll diese Band klingen?

Scott Hill: Das war bei »No One Rides For Free«. Wir hatten gerade den zweiten Gitarristen bekommen. Davor war nur ich an der Gitarre. Diese Platte hat unseren Sound stark geprägt. Danach wurden wir deutlich härter.

Was ist trotz einiger Besetzungswechsel das Geheimnis eurer Langlebigkeit?

Scott Hill: Ganz einfach, wir lieben es und haben eine gute Zeit. Würde es keinen Spaß machen, wären wir nicht so lange dabei. Als Band sind wir viel unterwegs und bringen unsere Platten übers eigene Label heraus. Alle kommen gut miteinander aus, genießen es auf der Bühne zu stehen und die Songs live zu spielen.

Mitte der 80er Jahre hieß die Band noch Virulence und war eher im Hardcore-Punk verortet. Ein paar Jahre später änderte sich mit Fu Manchu Name und Stil. Was war der Grund für diese Entwicklung?

Scott Hill: Virulence wurde 1985 gegründet. Ich selbst bin schon 1980 zum Punkrock gekommen, nachdem mir ein Freund eine Kassette mit Live-Aufnahmen von Black Flag und den Circle Jerks vorgespielt hatte. Ab da gab es für mich nichts anderes mehr. Das höre ich bis heute noch am liebsten. Deep Purple und Kiss wanderten in den Schrank. Die Platten eines Freundes haben wir sogar die Straße herunterrollen lassen. Mitte der Achtziger waren wir also diesem schnellen Sound verfallen. Dann sahen wir eines Tages eine Band namens Blast. Die spielten etwas langsamer, was wir irgendwie interessant fanden. Um 1986 hörten wir dann zum ersten Mal die Melvins – ein krasser Aha-Effekt. Da war ich bei Virulence längst an dem Punkt, mich regelmäßig mit elf verschiedenen Riffs für einen Song abzumühen. Total nervig. Nach und nach sind wir dann auf Bands wie Soundgarden, TAD, Mudhoney, Monster Magnet oder Laughing Hyenas aufmerksam geworden. Wir ließen unseren alten Sound fallen und änderten den Bandnamen in Fu Manchu. Im Grunde war es ja die gleiche Band, bis auf den Sänger.

Szeneübergreifend werdet ihr bis heute für eure Authentizität geschätzt. Das Resultat einer Band als Lifestyle?

Scott Hill: Ich lebe direkt am Strand, bin mit Skateboarding und Surfen aufgewachsen. Das Auto auf dem Cover der »California Crossing«-Platte ist meins. Schon früh liefen bei uns allen Bands wie Deep Purple, Black Sabbath, Blue Cheer und Foghat. Bis heute passt unsere Musik gut zum Skateboarden oder Dirtbiken. Wir sind alle in Orange County, Kalifornien, groß geworden und kennen nichts anderes. Das ist einfach so.

Im Zusammenhang mit Fu Manchu fällt schnell der Begriff Stoner Rock. Eine Schublade, mit der du so deine Probleme hast?

Scott Hill: Ich hörte den Begriff zum ersten Mal, kurz bevor unsere »Daredevil«-Platte herauskam. Ein britischer Journalist sprach in einem Interview plötzlich von Stoner Rock. Ein Begriff, den es vorher vielleicht schon gab, von dem ich aber noch nie gehört hatte. Das Ganze erinnerte mich sofort an The Grateful Dead, und ich kann The Grateful Dead nicht ausstehen. Ich fand’s also scheiße.

Und heute?

Scott Hill: Über die Jahre wurde es größer. Man kam buchstäblich nicht mehr daran vorbei. Irgendwann hat es mich einfach nicht mehr gestört und mittlerweile habe ich meinen Frieden damit gemacht. Heute erkenne ich darin eher eine Verbindung zu den 70ern mit seinen Fuzz-Gitarren und lauten Verstärkern. Das geht schon in Ordnung.

Worin liegt die Magie einfacher Riffs?

Scott Hill: Wie du schon sagst: je einfacher, desto besser. Bei Fu Manchu beginnt alles mit einem wirklich starken Riff. Wir fügen dann hier und da noch eine seltsame Bridge oder einen Break ein. Vom klassischen Ablauf à la Strophe-Refrain, Strophe-Refrain versuchen wir uns fernzuhalten. Schließlich kommt vom Schlagzeug ein passender Beat und wir spüren schnell, ob es das Richtige ist. Wenn alle mit den Köpfen wackeln, wird es funktionieren. Aufgenommen wird dann letztendlich auf einem Vierspurgerät.

Monster Magnet touren gerade ebenfalls durch Europa und Queens of the Stone Age waren hier im Sommer unterwegs, bis sie für eine Notoperation von Frontmann Josh Homme abbrechen und in die USA zurückfliegen mussten. Wenn man über Bands wie diese spricht, nagt da manchmal das Gefühl, dass auch Fu Manchu hätte größer werden können?

Scott Hill: Es ist gut so, wie es ist. Ich hätte mir ja nicht mal träumen lassen, dass wir nach Europa, Australien oder Japan kommen. Wir sind schon eine ganze Weile am Start, spielen immer noch Shows und bringen unsere Platten heraus. Die Leute kommen zu den Konzerten und kaufen die Alben. Alle haben eine gute Zeit, auch und gerade, weil es nicht zu groß geworden ist.

Bitte vervollständige den Satz: Ich lebe den Traum eines Teenagers, weil …?

Scott Hill: … ich nicht erwachsen werden will. Ich höre immer noch Black Flag und die Minor Threat 7inch, die ich 1982 bekommen habe, gehe regelmäßig Surfen, und gerade ist mein Haus zu Halloween wie ein Spukhaus dekoriert.

Vielen Dank für das Gespräch!

Fu Manchu kommen zum »Heavy Psych Sounds Fest #4« am 27. Oktober in die Chemiefabrik; mehr zur Band: www.fu-manchu.com/

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