■ Die Technischen Sammlungen widmen dem Erfinder und Forscher Emanuel Goldberg eine Sonderausstellung. Goldberg, der Direktor der Zeiss Ikon AG war, musste nach der Machtergreifung der Nazis Deutschland verlassen. Die Ausstellung zeigt persönliche Gegenstände aus dem Nachlass Goldbergs. Zudem laden zahlreiche Ausstellungsstationen, die die Forschungsfelder Goldbergs beleuchten, Besucher zum Experimentieren ein. Unter anderem wurde von Maschinenbau-Studenten Goldbergs »Statistische Maschine«, eine Bildersuchmaschine, nachgebaut. Zur Eröffnung reiste Goldbergs Familie aus Israel an. DRESDNER-Autorin Marlen Hobrack hatte die Möglichkeit, mit seinen Enkeln über den Visionär zu sprechen. Folgendes fiktives Interview mit Emanuel Goldberg ist das Ergebnis des Gespräches.
Herr Goldberg, in der Ausstellung sind viele persönliche Zeugnisse zu sehen – beispielsweise Liebesbriefe an Ihre Frau. Wozu sind diese Stücke in der Ausstellung?
Emanuel Goldberg: (räuspert sich). Nun, vermutlich ging es den Ausstellungsmachern darum, mich als ganzen Menschen zu zeigen. Als Familienmensch, als Ehemann. Meine Frau war und ist meine große Liebe.
Sie sind auch ein leidenschaftlicher Gärtner?
Emanuel Goldberg: Ja! Ich liebte meinen Garten an meinem Haus in Loschwitz. Der Verlust schmerzte sehr. In Paris, nach der Flucht aus Deutschland, wollte ich unbedingt wieder einen Garten haben und gründete ein Gemeinschaftsgartenprojekt.
Wie kommt es, dass Sie mit all Ihren Ideen Ihrer Zeit immer voraus waren?
Emanuel Goldberg: Wenn Sie das so nennen wollen. Man erfindet nicht aus dem Nichts heraus. Die Kinamo beispielsweise war eine logische Weiterentwicklung der schweren, statischen Kameras. Natürlich galt es dabei, die technischen Probleme zu lösen. Vor allem brauchte die Kamera einen Motor, der die Handkurbel überflüssig machte.
Sie drehten aber auch Filme, um die Kamera zu vermarkten … ?
Emanuel Goldberg: Man musste den Leuten ja zeigen, was man damit machen konnte. Und so drehte ich eben eigene kleine Filme, was meine Familie übrigens sehr amüsierte.
Ihnen liegt nicht nur die eigene Familie am Herzen. Ihre Studenten und Angestellten sind Ihnen ebenso wichtig?
Emanuel Goldberg: Sehen Sie, wir veranstalten regelmäßig große Feste, zum Beispiel zum jüdischen Pessach-Fest, laden die Nachbarskinder ein, Angestellte und Studenten. Die schätzen übrigens meinen Sinn für Humor (er deutet auf eine Karikatur, die einer seiner Studenten von ihm angefertigt hat und die ebenfalls in der Ausstellung gezeigt wird).
Was halten Sie von dem Titel der Ausstellung – der »Architekt des Wissens«?
Emanuel Goldberg: Ich sehe mich vielleicht doch eher als Ingenieur. Ich wurde zum Chemiker ausgebildet, zum Physiker berufen und als Mechaniker geboren (lacht). Als mir das Technion in Haifa die Ehrendoktorwürde verlieh, bin ich dann doch noch zum waschechten Ingenieur geworden.
Herr Goldberg, der Antisemitismus hat Sie im Laufe Ihres Lebens immer wieder aus Ihrer Heimat vertrieben: Erst aus Russland, dann aus Deutschland. Woher nahmen Sie den Mut, immer wieder neu anzufangen?
Emanuel Goldberg: Es blieb mir nichts anderes übrig! Dass ich eine Verzichtserklärung unterschreiben musste, die mich dazu zwang, meine Forschungen, die ich bei Zeiss Ikon betrieben hatte, einzustellen, das war aber doch sehr schmerzhaft.
Man ließ Sie nur unter dieser Bedingung Deutschland verlassen?
Emanuel Goldberg: Ja. Ich habe danach einige Jahre gezögert, bis ich mich endlich dazu entschlossen habe, ein Unternehmen in Palästina aufzubauen. Chaim Weizmann (der erste israelische Staatspräsident; Anm. der Red.) hatte mir noch in Paris Unterstützung für mein Vorhaben zugesichert. Als ich dann in Palästina ankam, war er aber schon zu beschäftigt mit dem Aufbau des Staates Israel (lacht). Ich half übrigens dabei, ein Ausbildungssystem für angehende Fachleute zu etablieren, habe also auch einen Anteil an der Entstehung der israelischen Hightech-Industrie.
Emanuel Goldberg, Architekt des Wissens, Technische Sammlungen Dresden, bis 24. September; im Rahmen der Sonderausstellung werden am 1. April die Filme »Berlin – Sinfonie einer Großstadt« (mit Live-Vertonung von Loop Motor) und am 21. April »Marsch der Maschinen« und »Der Mann mit der Kamera« (mit Original-Soundtrack) im Museumskino gezeigt. Mehr zur Ausstellung: www.tsd.de/