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Soul Queen Française – Kimberose im Interview
Kimberose im Interview
■ Kimberly Kitson Mills wohnt nahe Paris, singt überwiegend auf Englisch und hat es mit ihrer Band Kimberose zu Hause längst zu Ruhm und Ehre gebracht. Mit »Chapter One« erschien diesen Sommer auch hierzulande das gefeierte Debüt, eine Tour zum Album steht an. Für DRESDNER-Autor Matthias Hufnagl der ideale Grund, sich für ein Interview über den Dächern von Berlin zu treffen, um mit ihr über wenig Geld, große Momente und die Gefahren des Erfolgs zu sprechen.

Was macht es mit einer Künstlerin, an so legendären Orten wie dem La Cigale in Paris vor ausverkauftem Haus zu spielen?

Kimberly Kitson Mills: Es hat mich ein ganzes Stück selbstbewusster werden lassen. Am Anfang meiner Karriere war ich schüchtern und hatte Angst vor Leuten zu singen.

Wann kam der Durchbruch?

Kimberly Kitson Mills: Nach ungefähr zehn Konzerten, wurde ein TV Produzent auf uns aufmerksam. Ihm gefiel, was er hörte und er lud uns ein, im Fernsehen aufzutreten. Dort spielten wir das Stück »I’m sorry«. Ab da drehten alle durch.

Ein klassisches Pop-Märchen?

Kimberly Kitson Mills: Definitiv.

Mit welcher Musik bist du aufgewachsen?

Kimberly Kitson Mills: Ich habe Madonna, Britney Spears, Destiny’s Child und Lauryn Hill gehört. Viel Popmusik. R’n’B, Hip-Hop, Jazz und Soul kamen erst später.

An welchem Punkt in deinem Leben haben dir Songs das erste Mal geholfen, über etwas

hinwegzukommen?

Kimberly Kitson Mills: Daran kann ich mich nicht erinnern, weil ich wohl noch so klein war. Für mich ist Musik seit jeher ein geheimer Ort, an dem man alleine sein und einem mitunter tot langweiligen Alltag entfliehen kann.

In welchem Alter hast du den Soul für dich entdeckt?

Kimberly Kitson Mills: Zwischen 18 und 20 fing ich an, Etta James, Billie Holiday und Aretha Franklin zu hören. Ich erinnere mich noch genau, wie sehr ich mich in ihre Musik verliebt habe.

In allen musikalischen Genres und speziell im Soul werden Frauen oft als »Diva« tituliert. Geht es dir ähnlich?

Kimberly Kitson Mills: Wahrscheinlich schon. Ehrlich gesagt, weiß ich aber gar nicht, was das eigentlich sein soll, eine Diva. Positiv gesehen: eine starke Frau. Im Negativen, eine aufdringliche Person, die sich immer nur weinerlich beschwert.

In welcher Lebenslage ist der Song »I’m broke« entstanden?

Kimberly Kitson Mills: Wir fingen gerade an Musik zu machen, waren voller Neugierde und bereit, alles zu investieren. Alle haben die Jobs geschmissen und nach ein paar Monaten waren wir pleite, weil wir mit der Musik einfach noch nichts verdienten. Eines Nachmittags klopft es an meiner Tür. Als ich aufmache, steht da ein Mann, der mich auffordert meine Schulden zu begleichen. Ich erkläre ihm, dass ich komplett pleite bin, schlage die Tür zu, suche mir einen Stift und fange an die Zeilen »I’m broke, I’m broke« zu schreiben.

Das Stück »George« handelt von deinem verstorbenen Vater?

Kimberly Kitson Mills: Für ihn habe ich ein paar Songs geschrieben. Auf dem Album gibt es mit »Wolf« noch einen zweiten. Sie haben mir geholfen, Dinge zu thematisieren, die ich ihm vor seinem Tod nicht mehr sagen konnte. Auf der Bühne musste ich nicht nur einmal Tränen zurückzuhalten. Mittlerweile fühle ich mich gut dabei, habe gar das Gefühl, er kann sie hören. Ich stelle mir vor, wie sie die Zeit überdauern und mein Vater für mich lebendig bleibt.

Wie sehr erdet dich dein Sohn Joshua?

Kimberly Kitson Mills: Sehr. Ohne ihn, würden mich diese ganzen verrückten Sachen vielleicht mehr in ihren Bann ziehen. Als Musikerin kommt man schnell an Drinks, trifft viele Leute und vergisst schon mal die eigene Gesundheit. Als Mutter muss man aber genau darauf achten. Ich bin sehr dankbar ihn zu haben.

Wie kam es zum Cover des Stücks »Where did you sleep last night?«?

Kimberly Kitson Mills: Eine Filmdirektorin hatte mich im Fernsehen gesehen. Sie kontaktierte mich mit dem Wunsch, dass ich das Stück für einen Film mit dem Titel »Ma Fille«, was soviel wie mein Mädchen bedeutet, einsinge. Der Film handelt von einem Vater, der seine Tochter, die der Prostitution nachgeht, vor einem schlechten Lebensstil beschützen will. So kam ich auf den Song. Ich kannte ihn vorher nicht, habe mir erst Nirvanas Version und dann die von Leadbelly angehört. Ich war sofort hin und weg.

Du hast Billie Holiday erwähnt. Ist es als kreativer Mensch mitunter besonders schwer, den eigenen Dämonen aus dem Weg zu gehen?

Kimberly Kitson Mills: Das hat nichts mit Kreativität zu tun – jeder hat mit Dämonen und Narben zu kämpfen. Künstler mögen lauter sein, weil sie darüber sprechen und es in Musik verpacken. Ich bin da keine Ausnahme: Es gibt gute Phasen, in denen man sich stark und schön fühlt. An schlechten Tagen fühlt man sich einfach nur mies und hofft auf den nächsten Tag.

Magst du es, auf Tour zu sein?

Kimberly Kitson Mills: Ich liebe es. Vor der Musik bin ich nie wirklich gereist. Selbst in Frankreich kannte ich nur Paris und Umgebung. Als ich zum ersten Mal nach Marseille oder Lille kam, war alles so wunderschön, dass ich mir ab diesem Zeitpunkt vornahm, die Welt zu bereisen. Ich kann es gar nicht abwarten, bis ich im November all die verschiedenen Städte der Deutschland-Tour entdecken werde.

In Dresden wie auch anderswo, werdet ihr vor allem auf Jazz-Festivals zu sehen sein. Das richtige Setting für Kimberose?

Kimberly Kitson Mills: In Frankreich haben wir auf vielen Jazz-Festivals gespielt. Die sind heute offener als früher, als sich noch alles um richtigen Jazz drehte. Heute finden auch Pop, Rock und andere Musikarten statt. Ich habe nicht das Gefühl, dass es für uns ein bestimmtes Publikum gibt. Das Publikum ist die Welt.
Besten Dank für das Gespräch!

Kimberose ist am 13. November im Rahmen der Jazztage Dresden in den Ostra-Studios zu erleben; mehr zu Kimberose: http://kimberose-official.com/

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