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Seelen, die etwas berühren – Fran Healy von Travis im Interview zum neuen Album (Foto: Ryan Johnston)
Fran Healy von Travis im Interview zum neuen Album (Foto: Ryan Johnston)
■ Fran Healy ist derzeit in London. Das passt. Schließlich ist seine Band Travis eine Legende des Britpop. Via Skype erzählt er DRESDNER-Autor Matthias Hufnagl, warum ihn ein Aufenthalt in Israel zu einem großen Hit inspiriert hat, was es mit dem neuen Albumtitel »Ten Songs« auf sich hat und wann ihm Paul McCartney gut zuredet.

Vor ein paar Jahren hast du Berlin mit deiner Familie in Richtung Los Angeles verlassen. Warum?

Fran Healy: Nicht, weil ich die Nase voll hatte. Damals wurden wir durch einen Freund auf eine Schule in Los Angeles aufmerksam, besuchten den Tag der offenen Tür und waren begeistert. Also verkauften wir unser Apartment in New York, packten die Sachen in Berlin und zogen nach Los Angeles. Wer weiß, wohin es mich als nächstes verschlägt. In Amerika bleibe ich jedenfalls nicht länger – das Land ist am Arsch.

»Ten Songs« heißt das neue Album. Ein ziemlich reduzierter Titel ... ?

Fran Healy: Ein radikales Statement. Es wird seltener, auf die alte Art zu schreiben. Songwriter, das sind alte Seelen, die etwas berühren – eine alte Tradition abseits des Ökonomischen. Viel älter als der Gedanke, mit Musik Geld zu verdienen. Heutzutage sitzen zehn Leute in einem Raum, um einen Song zu schreiben, nicht eine Person, die zehn schreibt. Man trifft sich in sogenannten Songwritercamps, um zu sehen, was sich besser reimt. Deshalb trägt die Platte diesen Titel. Zehn einfache, kleine Songs, geschrieben von einer Person.

Wie fühlt es sich an, die neuen Stücke derzeit nicht live spielen zu können?

Fran Healy: Ein zweischneidiges Schwert. Normalerweise veröffentlicht man eine Platte und geht auf Tour. Das geht momentan nicht. Songs haben aber auch ein Eigenleben, das nicht zwingend von einer Band auf Tour verstärkt werden muss. Vielleicht ist es sogar gut, wenn wir später touren. So können die Stücke sacken, das Publikum kennt sie schon und die momentane Situation hätte ihnen sogar genutzt. Nächsten Mai planen wir eine kurze Tour – da wird es sich zeigen.

Der Song »The Only Thing« ist ein Duett mit Susanna Hoffs, Sängerin bei The Bangles. Das überrascht ...?

Fran Healy: Ich bin ein Fan und folge Susanna auf Twitter. Einmal kommentierte ich ein Video, das sie postete und in welchem sie »Eternal Flame« singt. Hunderte taten es mir gleich. Zwei Wochen später bekam ich trotzdem eine Antwort. Darüber habe ich mich riesig gefreut. Wir chatteten ungefähr eine Stunde. Eineinhalb Jahre später hatte ich diesen Song. Sofort kam mir Susanna für ein Duett in den Sinn. Sie sagte ja. Fucking Amazing! Der Song klingt schon jetzt wie ein Klassiker.

Auf dem 2010 erschienenen Soloalbum »Wreckorder« war Paul McCartney zu Gast. Verbindet euch mittlerweile eine enge Freundschaft?

Fran Healy: Er ist ein guter Bekannter. Im Laufe der Jahre hatten wir ein paar wundervolle Begegnungen. Paul ist unglaublich. Ein wirklich toller Kerl. Auch als Künstler gibt es ja Momente, in denen man nicht gerade vor Selbstbewusstsein strotzt. Es ist schon ziemlich cool, wenn einem dann jemand wie Paul McCartney das Gefühl gibt, doch ganz gut zu sein. Gleich gehe ich noch an seinem Büro hier in London vorbei und lasse die neue Platte da.

Travis haben Bands wie Coldplay, The Killers, Keane oder auch Amy Macdonald maßgeblich beeinflusst. Macht einen das stolz?

Fran Healy: Für Stolz bleibt keine Zeit. Ich bin viel zu sehr mit meinen eigenen Sachen beschäftigt – Vater sein, Songs schreiben, mich selbst auszudrücken. Natürlich ist es großartig, dass all diese Bands von Travis beeinflusst wurden. Aber wird man nicht immer auch von der Musik beeinflusst, die gerade angesagt ist? Das war bei uns als Band nicht anders.

Der Hit »Why Does It Always Rain on Me« entstand in Eilat in Israel?

Fran Healy: Die Hälfte davon. Ich habe den Refrain in Eilat und den Text in Madrid geschrieben.

Nach meiner Erfahrung ein eher sonniger, trockener und daher ungewöhnlicher Ort, um über Dauerregen zu schreiben. Wie war das Wetter als du da warst?

Fran Healy: Es regnete permanent. Ich fragte mich also, wo ich auf diesem Planeten überhaupt hingehen kann, ohne dass es schüttet. Ist es, weil ich Schotte bin oder weil ich als junger Mann gelogen habe und immer noch dafür bestraft werde? Ich schrieb dieses Lied, um mich aufzumuntern.

Stimmt es, dass du während deiner Zeit in Berlin einmal dachtest, dein VW Bus wäre gestohlen worden?

Fran Healy: Ach herrje – die Geschichte ist leider wahr. Damals fuhr ich mit meinem Bulli zu einem Interview und parkte irgendwo in Kreuzberg. Als ich zurückkam, war er weg. Schrecklich. Die Polizei meinte, mein Bus sei sicher längst in Polen. Ich habe den ganzen Tag getwittert und verschiedene Zeitungen angeschrieben, ob sie mir helfen können. Später am Abend kam mir die Idee, vielleicht doch nochmal zurückzugehen, um zu suchen. Als ich dann in der richtigen Straße stand, schaute ich nach links und da stand mein Bus.


Besten Dank für das Gespräch!

Mehr zur Band und zum Künstler unter www.travisonline.com/

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