■ In Teilen der Stadtverwaltung scheint der Mangel an Kreativräumen inzwischen als Problem erkannt zu sein. Jedoch mangelt es noch an konkreten Maßnahmen, um dem Misstand entgegenzuwirken. Wie die Stadt zur Kreativraumförderung beiträgt, hat DRESDNER-Autor Hagen Lippmann unter anderem im Gespräch mit Grünen-Stadtrat Torsten Schulze herauszufinden versucht. Schulze setzt sich seit Jahren für die Schaffung und den Erhalt der Freiräume und die Unterstützung der Kultur- und Kreativbranche ein.
Eine Folge des Baubooms sind Schließungen von Freiräumen, die für aktive Kulturprojekte oder von selbständigen Unternehmen genutzt werden. Siehst du das als allgemeinen Trend in Großstädten oder ist das ein spezielles Dresdner Problem?
Torsten Schulze: In Leipzig und Chemnitz etwa läuft es deutlich besser mit der Raumsituation, da es noch genügend Leerstand gibt. So funktionieren Wächterhauskonzepte oder Initiativen wie »Kreatives Leipzig«. Dresden ist an der Stelle durchaus ein Problemfall durch den sehr hohen Zuzug. Es ist einfach attraktiv, hier zu leben. Es gibt viele junge Familien. So werden mehr Kindertagesplätze angeboten und es wird saniert. Der Wohnraum verdichtet sich enorm. Es sind kaum noch unsanierte Häuser vorhanden.
Ist das eine Thematik, mit dem sich die Stadtverwaltung gerade aktiv auseinander setzt? Gibt es Bemühungen, unsanierte Häuser zu erhalten, als günstige Arbeitsräume für Künstler und Kreative?
Torsten Schulze: Mit dem Komplettverkauf des gesamten städtischen Wohnungsbestandes 2006 hat die Stadt ein wichtiges Werkzeug aus der Hand gegeben, darauf zu reagieren. So gibt es nur noch einen sehr geringen Bestand an Immobilien, die geeignet wären. Es gab die Idee, einen »Kümmerer« als Schnittstelle zwischen den Kreativen und den Immobilienbesitzern einzusetzen. Diese Stelle wurde nie eingerichtet. Gewerbegebiete und verschiedene städtische Objekte werden gezielt an Gewerbetreibende und Industrie vermietet. Wieso sollte das die Stadt nicht adäquat für die Kultur- und Kreativwirtschaft machen? Das wurde nicht für notwendig erachtet.
Welche Projekte und Lösungsvorschläge gibt es denn?
Torsten Schulze: Meine Initiative war es, auf diesen Bedarf mit geeigneten Haushaltsmitteln zu reagieren, da das Liegenschaftsamt bisher nicht bereit war, städtische Gebäude für Kreative weiterzuentwickeln. Daraus ist die Kreativraumförderung entstanden, in die 50.000 Euro (jetzt verdoppelt auf 100.000 Euro) fließen, sodass man die Räume ausbauen kann, ohne dass der Eigentümer großartig investieren muss und damit ein Argument hätte, die Miete anzuheben. Das ist ein Erfolgsprojekt geworden. Innerhalb des Amtes für Wirtschaftsförderung wurde eine neue Personalstelle geschaffen mit der Aufgabenbindung, als Ansprechpartner für die Kreativwirtschaft zu fungieren. Der nächste Punkt betrifft die Kreativraumbörse. Die Kreativraumagentur und Galerie Module haben eine Förderung für drei Jahre und 110.000 Euro erhalten. So wird in den nächsten drei Jahren eine Kreativraumbörse aufgebaut. Es ging dabei größtenteils um Objekte aus dem privaten Bereich, soll aber ausgeweitet werden auf städtische Immobilien.
Die bisherige Argumentation fußt auf den Erhalt und der Sanierung von bestehenden Arbeitsräumen. Wie könnten zukünftige Konzepte in Dresden aussehen, mehr Arbeitsräume für Kreative zu schaffen?
Torsten Schulze: Neubauprojekte halte ich derzeit für schwierig, weil es zum einen, mit dem Grundstückkauf und den Baukosten verbunden, fast unmöglich wäre, einen Quadratmeter-Preis von 4 bis 6 Euro anzubieten. So ist es wichtig, Eigentümer zu finden, die bereit sind, auch an Kreative zu vermieten, Vertrauen zu schaffen. Das muss man vermitteln. Und dass man leerstehende Objekte nutzt wie etwa an der Walterstraße entlang der Bahnlinien, die für die Wohnnutzung völlig ungeeignet sind. Von denen gibt es noch einige. Auch für eine dauerhafte Nutzung müssen Objekte gefunden werden.