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Nie wieder Lack.Streiche.Kleber? – Das Urban-Art-Festival (Foto: Sven Ellger) fällt 2019 aus – warum?
Das Urban-Art-Festival (Foto: Sven Ellger) fällt 2019 aus – warum?
■ Seit 2014 gibt es das Urban Art Festival »Lack.Streiche.Kleber«. Kennzeichen der mehrtägigen Veranstaltung ist eine große Dynamik: Neben bereits gesetzten Programmpunkten wie Ausstellungen, Vorträgen, Performances, Stadtführungen und Workshops ergaben sich in den vergangenen Jahren immer auch spontane Aktionen, die für eine extrem lebendige Atmosphäre sorgten. 2018 hatten die Organisatoren für das Festival von der Stadt Dresden und der Kulturstiftung Sachsen Fördermittel über 12.600 EUR erhalten. Davon wurden die Aufwandsentschädigungen für Künstler und Referenten bestritten. Für das Orga-Team selbst blieb da nicht viel übrig – im Gegenteil: Der Fördersumme standen Eigenleistungen in fast doppelter Höhe gegenüber, vor allem in Form von ehrenamtlicher Projektkoordination und Verwaltung. Zuviel, befanden die Ausrichter, und lassen das Event in diesem Jahr ausfallen. DRESDNER-Autorin Annett Groh fragte den künstlerischen Leiter des Festivals, Jens Besser, wie (und ob) es weitergehen soll.

Fällt das LSK nur in diesem Jahr aus, oder wollt ihr es ganz beerdigen?

Jens Besser: Bereits im letzten Jahr wurde uns klar, dass wir mindestens ein Jahr Pause einlegen. Die Förderungen sind viel zu gering, und unser ehrenamtliches Engagement ist einfach überstrapaziert worden. Allein die Antragstellung dauert zwei bis drei Wochen, in denen wir die Inhalte erarbeiten und formulieren. Das ist unbezahlte Vorarbeit mit ungewissem Ausgang. Wir möchten das Festival weiterführen, aber wenn sich an den aktuellen Fördermöglichkeiten nichts ändert, müssen wir unser Gesamtkonzept überdenken. Im kommenden Jahr werden wir nochmal einen Versuch wagen, aber die Stadt muss die Fördersummen für die freien Künstler an die gestiegenen Lebenshaltungskosten anpassen. Wenn das nicht passiert, wird es wohl kein LSK-Festival mehr geben, sondern lediglich der Förderung angepasste kleinere Aktionen.

Wie steht es damit, private Förderer einzubinden?

Jens Besser: Das haben wir vor, aber private Förderer zu finden bedeutet auch einen immensen Mehraufwand, ebenso wie Crowdfunding. Wir haben mit privaten Geldgebern beim Festival schon einige Erfahrungen gemacht, die ich nicht näher erläutern möchte. Wichtig ist für uns, dass solche Mäzene an erster Stelle die Kunst fördern und nicht an Greenwashing oder Eigenmarketing denken. Denn je mehr sich Urban Art in Richtung Marketing bewegt, umso mehr wird es zu Grafikdesign und Werbefläche im öffentlichen Raum – beides gibt es zur Genüge in Dresden.

Die Stadt hat sich ja schon mit der Ostrale sehr schwergetan. Ist Urban Art vielleicht zu wenig prestigeträchtig?

Jens Besser: Über die Prestigeträchtigkeit von Kunst und Kultur der Gegenwart lässt sich diskutieren. Für Gegenwartstheater wird von der Stadt viel Geld in die Hand genommen. Kunst im öffentlichen Raum hat es immer schwer. Man kann keine Einnahmen in Form von Eintrittsgeldern generieren, und man kann sie nicht in einer Galerie verkaufen. Daher muss sie zu einem bedeutenden Teil gefördert werden. Wenn, wie in unserem Fall, die Kunst dann noch dem Gustus einiger Kunstkritiker und Kenner missfällt, wird es noch schwieriger. Möglicherweise ist Street Art hin und wieder auch zu lapidar, und möglicherweise sind verschiedene Murals auch nur dekorativ. Auch ist das Verhältnis zu ungenehmigten Werken bis heute schwierig. Ich denke, Kunst muss auch mal Gesetze brechen dürfen, nur so können Veränderungen stattfinden. Das sollte man erst recht bezüglich der DDR-Kunst der 80er Jahre verstehen, dort fanden regelmäßig Gesetzesbrüche statt.

Vielen Dank!

Statt LackStreicheKleber gibt es auch in diesem Jahr den Urban Shop vor der Scheune, am 10. August ab 12 Uhr mit Live-Kunstauktion, Mitmachangeboten und Musik: www.facebook.com/events/scheune-dresden/scheune-urban-shop-2019/396340421213273/

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