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Musik öffnet Türen – Im Gespräch mit Ezé Wendtoin über sein Schulprojekt in Burkina Faso
Im Gespräch mit Ezé Wendtoin über sein Schulprojekt in Burkina Faso
■ Zwei Dinge führten Ezekiel Wendtoin Nikiema nach Deutschland: Die Liebe zur Musik und zur deutschen Sprache. Derzeit macht er nicht nur seinen Master in Germanistik an der TU Dresden. Er träumt auch von einem Schulbau für sein Heimatland Burkina Faso. Im Rahmen eines Benefiz-Konzerts mit der Banda Internationale sammelt er nun Spenden für sein Herzensprojekt. DRESDNER-Autorin Marlen Hobrack sprach mit Ezé über die Bedeutung von Bildung, Musik und Träumereien.

Wie entstand die Idee des Schulbaus in Burkina Faso?

Ezé Wendtoin: Das Projekt begann 2014, als ich von einer Tour in Europa zurück nach Burkina Faso kam. Damals bereitete ich mein erstes Album vor. Wenn wir probten, merkte ich, dass die Kinder mitmachen wollten. Sie tanzten und man sah ein Lächeln in ihren Gesichtern. Ich fing an, Workshops in dem kleinen Raum durchzuführen und holte Künstler, Musiker und Märchenerzähler dazu. Dadurch entwickelte sich die Idee: Vielleicht können wir eine Schule bauen. Das ist ein Traum, das ist ein großes Projekt, aber jeder lange Weg beginnt immer mit dem ersten Schritt. Mit Künstlern vor Ort überlegte ich, wie wir das auf die Beine stellen könnten. Ich habe 2015 ein Buch geschrieben und der Verkaufserlös wurde dem Projekt gewidmet. Wir gründeten einen Verein. Handwerker, die im Verein sind, stellten Sachen zum Verkauf her. Mit dem Geld kaufte ich beispielsweise Instrumente für die Kinder-Workshops. Wir haben wirklich viel dafür gearbeitet und vor vier Monaten haben wir dann ein Grundstück kaufen können.

Wie sehen die nächsten Schritte aus?

Ezé Wendtoin: Wir können nicht sofort mit dem Bau beginnen, weil uns das Geld dazu fehlt. Aber wir haben gemerkt, dass den Bewohnern vor Ort ein Zugang zu Wasser fehlt. Das Wasser brauchen wir auch unbedingt für den Bau. Daher beginnen wir mit dem Brunnenbau: Das ist sinnvoll für die Menschen in der Umgebung. Wenn wir das auf die Beine gestellt haben, können wir uns überlegen, wie wir weitermachen. Ich finde es großartig, dass die Banda Internationale das Projekt unterstützt. Die Einnahmen, die wir für dieses Konzert bekommen, werden dem Brunnenbau gewidmet. Ich fliege dann nach Burkina Faso und ich nehme an, dass wir, wenn ich ankomme, sofort mit dem Bau beginnen werden.

Ein Schulbau ist ein Großprojekt. Warum nimmst du das auf dich?

Ezé Wendtoin: Bildung ist meiner Meinung nach sehr wichtig. Und in einem Land wie Burkina Faso, in dem über 75 Prozent der Menschen Analphabeten sind, sollte man mit der Bildung anfangen. Wenn die Menschen gebildet sind, können sie demokratisch aktiv werden. Überhaupt kann Kunst helfen, den Geist des Menschen zu entwickeln. Die Idee ist, dass die Kinder, die in der Schule aufgenommen werden, die Möglichkeit haben, Kunsthandwerksberufe zu erlernen. Sie bekommen eine Art Ausbildung. So können sie innerhalb von drei Jahren selber tätig werden und von ihrem Beruf leben.

Du hast, im Vergleich zu vielen anderen Menschen in deinem Heimatland, eine sehr gute Schulbildung erhalten. Wie kam das?

Ezé Wendtoin: Ich gehöre zu den Menschen vor Ort, die das Glück hatten, in die Schule zu dürfen. Ich komme aus einer ganz normalen Familie mit einem gebildeten Vater, der Pfarrer war, und mit einer Mutter, die Analphabetin ist, weil sie keine Schule besucht hat. Damals war die Mentalität noch so, dass man dachte, es sei nicht gut, wenn ein Mädchen die Schule besucht. Meine zwei Brüder und ich besuchten ganz normal die Schule. Und wir hatten auch schon früh die Möglichkeit, in der Kirche Musik zu erleben. Unsere Familie ist traditionell musikalisch. Von meinen Eltern bekam ich die Aufgabe: Erst die Schule, und dann die Musik. Nach dem Abi kannte ich genau meinen Weg. Ich wollte unbedingt Sprache lernen. Und als Sprache mochte ich Deutsch. Ich träumte davon, irgendwann in Deutschland aufzutreten. Und dieser Traum ist in Erfüllung gegangen.

Hilft Musik – wie Sprache – bei der Verständigung?

Ezé Wendtoin: Musik verbindet und öffnet Türen. Ohne die Musik wäre ich heute nicht hier. Ich wollte unbedingt Deutsch lernen und ich habe nicht danach geguckt, was ich als Studienrichtung nehmen könnte, um morgen viel Geld zu verdienen. Für mich ist es super, dass ich auch mit Musik im Deutsch als Fremdsprache-Unterricht arbeiten kann. Ich finde es spannend, was man heute mit Neuen Medien im DAF-Unterricht machen kann und das ist auch der Grund, warum ich nach Burkina Faso fliege. Ich werde mit Schülern Workshops durchführen und darüber meine Master-Arbeit schreiben. Darüber, wie man mit Musik eine Fremdsprache besser lernen kann.

Christoph Schlingensief entwickelte den Traum von einem Opernhaus für Burkina Faso. Ist das Träumerei?

Ezé Wendtoin: Meiner Meinung nach isEzé Wendtoin: t es völlig okay, dass man träumt. Manchmal hat der Künstler Träume, die die anderen überhaupt nicht verstehen können. Ich persönlich finde das Projekt von Schlingensief toll. Ich spielte bei der Eröffnung. Wenn auch die Idee noch nicht ganz verwirklicht wurde, gibt es zum Beispiel heute ein KrankenhauEzé Wendtoin: s vor Ort. Das ist ein großer Schritt in einem Land, in dem Gesundheit immer ein Thema ist. Und darüber hinaus gibt es nun Schulklassen, die Kinder kostenlos besuchen dürfen. Die Idee wächst. Irgendwann wird man das Ziel erreichen.

Und wo wir gerade bei Zielen sind: Was ist dein persönliches Ziel in der nahen Zukunft?

Ezé Wendtoin: Ich habe noch ganz viele Projekte, die nicht ganz reif sind, die ich aber weitertreiben möchte. Das Schulprojekt ist mein persönlicher Beitrag als Künstler für das Land, um den Menschen etwas zurückzugeben. Aber daneben muss ich meine Karriere weiterentwickeln. Ich arbeite an Texten, die entweder in Form eines Buches oder als Gedichte oder Songs verwirklicht werden. Und nach dem Studium muss ich schauen, was ich erreichen kann. Ich bin reingerutscht in die wissenschaftliche Recherche und Forschung, und ich habe noch Bock, nach dem Master weiter zu studieren und zu promovieren, wenn ich ein gutes Thema und einen Betreuer finde. Vielleicht werde ich aber auch erst in das Berufsfeld reinschauen. Mal gucken. In jedem Fall wird der Weg sehr musikalisch sein.
Vielen Dank für das Gespräch!

Zusammen mit dem Verein APECA (in Deutschland mit dem Atticus e.V.) engagiert sich Ezé Wendtoin für den Bau einer Schule in Burkina Faso. Das geplante Zentrum in der Nähe der Hauptstadt Ouagadougou soll benachteiligten Kindern die Chance auf ein unabhängiges Leben ermöglichen. Mehr Infos & Spendenkonto unter http://eze-warcenciel.com

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