■ Mit DRESDNER-Autor Matthias Hufnagl sprach der englische Musiker über die Gefahr, cool sein zu wollen, über eine Kindheit unter Kreativen und was das Publikum von seinem Auftritt beim diesjährigen »Polimagie Festival« im Beatpol erwarten kann.
Dein Vater war der berühmte Musiker Ian Dury. Mit der Beziehung zu ihm setzt du dich immer wieder künstlerisch auseinander. Nervt es manchmal trotzdem ständig über ihn, den berühmten Nachnamen und die turbulente Familiengeschichte sprechen zu müssen?
Baxter Dury: Ja, total. Das kann wirklich langweilen. Manchmal gebe ich den Gesprächsanlass, dann ist es in Ordnung. Manchmal aber eben auch nicht. Zur nächsten Platte werde ich gar nicht mehr darüber sprechen, ganz einfach, weil die Songs thematisch nichts davon enthalten werden. Da muss ich mich in Interviews auch nicht peinlich verweigern, es wird sich einfach nicht ergeben. Es sei denn, das kommende Album wird kacke, dann spreche ich natürlich gerne über meinen Vater.
Wie wichtig war es für dich, rückblickend als Kind unter kreativen Menschen aufzuwachsen?
Baxter Dury: Ich kann nicht wirklich sagen, inwieweit mich das beeinflusst hat. Einige der Menschen, die ich als die größten Künstler aller Zeiten anerkenne, kommen aus der komplett anderen Ecke. Sie nutzen ihre Art des kreativen Ausdrucks als Sprungbrett aus einem bürgerlichen Leben. Wenn man andererseits permanent von den Möglichkeiten eines wilden künstlerischen Umfelds umgeben ist, kann einen das auch schnell ersticken. Da ich aber nichts anderes kenne, fällt es mir schwer zu sehen, wogegen ich rebelliert habe und was mich wirklich geprägt hat. Am Ende des Tages geht es darum, ob man mit der eigenen Kindheit seinen Frieden gemacht hat. Da gibt es immer gute und schlechte Dinge, – und klar sollte man Kinder keinen großen Gefahren aussetzen. Ich habe große Bewunderung für meine Eltern. Sie waren fantastisch und haben das, was sie tun wollten, immer auf hohem Niveau weitergeführt. Ohne Kompromisse. Eine erstaunliche Leistung. Heute erkenne ich die guten Dinge und versuche sie zu nutzen, die schlechten zu verzeihen und dann weiterzumachen.
Gab es einen Punkt im Leben, an dem du dich selbst zum ersten Mal als Künstler gefühlt hast?
Baxter Dury: Wenn man zu viel darüber nachdenkt, besteht schnell die Gefahr, dem Ganzen zu viel Raum zu geben. Viele Dinge, mit denen man aus der Vergangenheit ringt, haben einen letztendlich ja auch motiviert. Oft ist es nicht hilfreich, diesen Fragen auf den Grund zu gehen. Das ist wie mit zwei Krokodilen, die gegeneinander kämpfen. Bis heute habe ich manchmal das Gefühl, die Kontrolle zu haben, um dann zu erkennen, dass mein toller Plan am Ende des Tages nichts bedeutet.
Lass uns über Musik sprechen: Sind die Parts der verschiedenen Sängerinnen in den Songs ein Gegengewicht zu deiner prägnanten Erzählstimme?
Baxter Dury: Künstlerisch sehe ich das als eine Art melodischer Entlastung von zu viel atonalem Text und erdigem Männergerede. Das wird sonst schnell unmusikalisch. Ich war auf der Suche nach einer musikalischen Form, die mir gefällt. Frauenstimmen fühlen sich natürlich an, weil sie im Hinblick auf die musikalische Struktur das Gegenteil von meinem Tonfall sind.
Gibt es generell eine Art musikalische Baxter-Dury-Formel?
Baxter Dury: Nein, sowas existiert nicht. Ich habe ja nie stagniert, sondern befinde mich in einem ständigen Zustand des positiven Unwohlseins, der mich gleichzeitig antreibt. So nach dem Motto: Dranbleiben und nicht so viel darüber nachdenken. Sobald ich eine Platte fertig habe, bin ich gelangweilt und genervt davon und muss im Rahmen meiner Fähigkeiten etwas anderes machen. Da ich nicht wirklich singen kann und auch kein versierter Musiker bin, sind die Möglichkeiten, mich auszudrücken, allerdings eingeschränkt. Der Wille zur Veränderung aber ist immer da.
Wie geht das: Songs live zu spielen, von denen man längst wieder gelangweilt ist?
Baxter Dury: Auf der Bühne wird man vom Moment mitgerissen. Manche Songs reifen über die Zeit auch auf eine gute Art und Weise. Im Laufe der Jahre kristallisieren sich also die besseren Stücke heraus. Da habe ich mittlerweile ein ganz gutes Repertoire. Live herrscht dann sowieso ein ganz anderes Energie-Level als auf Platte.
Ist Coolness ein Motiv, das dich antreibt?
Baxter Dury: Ich weiß gar nicht, ob man überhaupt gewollt cool sein kann. Wenn du versuchst, dir Coolness anzueignen, hast du schnell verloren und wirst wahrscheinlich zu einem ganz fürchterlichen Typen. Hier in England hält mich ohnehin niemand für wirklich cool.
Wie wichtig war das 2017 erschienene Album »Prince Of Tears« als Karriereschub?
Baxter Dury: Schon sehr. Allein bei einem Song wie »Miami« praktiziere ich all das, was ich am besten kann. Allein in diesem Stück ist alles drin.
Was kann das Publikum von einer Baxter-Dury-Show beim anstehenden »Polimagie Festival« erwarten?
Baxter Dury: Eine aufregende Version der Songs, die man vielleicht schon gehört hat. Auf der Bühne überlasse ich viel dem Zufall. Man weiß nie, was passiert. Es gibt keine Kulisse, kein Lichtkonzept. Im Gegensatz zur Band bin ich ziemlich neben der Spur und eher wild unterwegs. Meine Mitmusiker sind nämlich lieber statisch und wollen sich partout nicht bewegen. Manchmal tun sie mir richtig leid: Die versuchen, sich auf die Musik zu konzentrieren, und ich mache alles kaputt.
Baxter Dury spielt im Rahmen des »Polimagie Festivals« am 19. April als Headliner im Beatpol. Mehr dazu unter www.polimagie-festival.de/