DRESDNER Interviews / O-ton!
Kunst muss mehr leisten!
– Arne Nowak und Stephan Franck im Interview zur Cynetart 2015
■ Vom 12. bis 15. November findet im Festspielhaus Hellerau zum 19. Mal die Cynetart statt. Das Festival für computergestützte Kunst und transdisziplinäre Medienprojekte wird organisiert von der Trans-Media-Akademie Hellerau (TMA). Arne Nowak und Stephan Franck von der TMA im Gespräch mit DRESDNER-Autorin Annett Groh.
Wo steht Medienkunst heute? Arne Nowak: Ich selbst habe mit dem Begriff Medienkunst so meine Probleme, weil diese Kategorisierung meinem Verständnis von dem, was Kunst für uns bedeuten kann, eigentlich zuwider läuft. Wenn wir diesen Begriff aber nutzen wollen, dann müsste diese Kunstrichtung einen wesentlich wichtigeren Beitrag und größere Impulse für gesellschaftliche Entwicklungen liefern, als sie das gegenwärtig leistet. Wir sprechen bei Medienkunst eigentlich eher immer noch von einer Art Nische. Genau deswegen nutzt die TMA das anstehende Festival zur Öffnung eines Diskurses zu diesen Fragen. Wir wollen in einem Format gewissermaßen open academy halten. Alle Teilnehmer sollen auch diese Frage mit diskutieren und Perspektiven aufzeigen. Das Format des Festivals erscheint zweigeteilt: zum einen der diskursive Part, zum anderen die Kunst? Arne Nowak: Diese Trennung gibt es nach meinem Verständnis eigentlich nicht. Vielleicht ist es einer der entschiedenen Irrtümer unserer Zeit, scheinbar zwanghaft genau solche Trennungen vornehmen zu wollen und sich eben nicht eher deren essentiellen Zusammenhängen zu widmen. Diese Art zu denken wird uns meiner Meinung nach nicht befähigen, die entscheidenden Zukunftsfragen zu lösen oder mindestens mit gestalterischem Anspruch zu erörtern. Wir fallen damit in diesem Zusammenhang auf eine banale philosophische Grundfrage zurück: Ist uns alles vorbestimmt oder gibt es den freien Willen des Menschen, mehr noch: Reicht dieser hin, die Welt menschlicher zu gestalten? Wie kommt es, dass viele der künstlerischen Positionen ein wenig esoterisch erscheinen? Stephan Franck: Esoterik war mal eine philosophische Lehre, die sich auf einen begrenzten Personenkreis bezog – eine Art Geheimwissen sozusagen. Ich bin mir natürlich bewusst, worauf Sie hinaus wollen, doch die Performancereihe »Instruments of Nature« hat weit weniger mit alternativen Heilmethoden zu tun, als es zunächst scheint. Vielmehr geht es darum auszuloten, inwieweit das menschliche Individuum auf nichtwahrnehmbare Informationen reagieren kann, um letztendliche einen Mehrwert zu erzielen. In diesem Sinne haben Sie vielleicht recht. Es ist eine Art Geheimwissen der Natur, das aber erst nach und nach durch einen wissenschaftlichen Diskurs und die diskursiv-kreative Betrachtungsweise durch Künstler zum Vorschein tritt. Kuai Shen beispielsweise arbeitet mit Ameisenkolonien auf Grundlage ihres vielschichtigen Kommunikationssystems. Nur so ist die das einzelne Individuum erfolgreich. Dieses System ist nach heutiger Erkenntnis fast unverzichtbar, wollen wir urbane Transportsysteme optimieren. Deshalb sind der TMA und der Cynetart diese Grenzgebiete von Wissenschaft und Kunst auch so wichtig. Dort haken wir ein und präsentieren unter anderem einen Open-Source- und Open-Network-Gedanken. Einzelne künstlerische Positionen besonders hervorzuheben halte ich auch nicht für zielführend. Ansprechen möchte ich dennoch »Warzone« von Tilman Hornig und Ullrich Klose. Will man innovative Medienkunst sehen, dann sollte man sich diese Arbeit nicht entgehen lassen. Weiterhin gibt es »Market for immaterial value«. Wie der Name schon sagt, wird hier die Erfahrung auf die Immaterialität von Währungen Bezug genommen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Cynetart 2015, Festspielhaus Hellerau, 12. bis 15. November; http://t-m-a.de/cynetart/cynetart-2015/
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