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Kein Gequatsche – Julius G. Skowronek zu 25 Jahren Tanzwoche Dresden
Julius G. Skowronek zu 25 Jahren Tanzwoche Dresden
■ »Stumm aber nicht sprachlos«, unter diesem Leitspruch trat die 1. ( damals noch: Internationale) Tanzwoche vor 25 Jahren an und präsentierte in den Folgejahren stets außergewöhnliche und auch streitbare Aufführungen und Compagnien. Kennzeichen der Tanzwoche über lange Zeit war, zeitgenössischen Tanz in ungewöhnlichen räumlichen Kontexten erlebbar zu machen. So fand die Abschlussperformance der 1. Tanzwoche in der damals noch unsanierten Kuppel der Yednize statt. Die Tanzaufführungen im Erlweinspeicher, der Freimaurerloge oder auch der Bienertmühle hatten auch den besonderen Reiz des Neuen durch das morbide Umfeld, in dem sie stattfanden. Sind die Ruinen inzwischen auch verschwunden, der Reiz des Neuen ist geblieben. Denn eines der wesentlichen Kennzeichen der Tanzwoche ist, dass stets die aktuellsten Produktionen der Compagnien zu sehen sind, so Julius G. Skowronek, der die letzten 25 Jahre die Tanzwoche gemeinsam mit Anke Siefke und Boris Michael Gruhl auf die Bühnen dieser Stadt brachte, im Gespräch mit DRESDNER-Herausgeberin Jana Betscher.

25 Jahre Tanzwoche. Wie würdest du das Profil und dessen Entwicklung über die Jahre beschreiben?

Julius G. Skowronek: Wir trotzen dem Mainstream. Wir wählen Produktionen aus, die eben nicht typisch sind, die sich nicht den Moden unterwerfen, die es im Tanz, genauso wie anderswo, natürlich gibt. Für uns war schon immer die inhaltliche Ausrichtung der Aufführung maßgeblich, eine Technikschau wollten wir nie. Besonderen Augenmerk richten wir auf Künstler*nnen, bei denen wir Entwicklungspotential sehen und die wir auch gerne über Jahre begleitet haben und begleiten. In unserer Ausschreibung setzen wir klare Prämissen. Es müssen neue Produktionen sein, keine Kontakt-Improvisation, und vor allem: Kein Gequatsche auf der Bühne, wie man es seit einiger Zeit zunehmend erleben muss. Den Grundduktus wünschen wir uns heiter-ironisch, es darf auch gerne spitzer Humor sein und skurril oder absurd allemal.

Bei einem Jubiläum bietet es sich immer an, daraus eine Best-of-Show zu machen. Was erwartet uns?

Julius G. Skowronek: Eine Best-of-show ganz sicherlich nicht, aber wir haben schon viele unserer »Lieblinge« eingeladen, die in den letzten Jahren die Tanzwoche prägten. Und wir wollen auch einen besonders weiten Bogen über die Welt spannen und mit einem Ausrufezeichen versehen. So erwartet uns bei der »Noche de Flamenco« zwar die andalusische Folklore, die aber mithilfe von Drums und E-Bass neu gedacht wird. Das Trans Teatr aus Cherpovets in Russland zeigt uns eine Einblick in eine Tanzszene, die durchaus »modern«, weil transzendent und spirituell ist, aber gleichzeitig die Ursprünge in der russischen regionalen Kultur betont. Ihr Tanz ist wie ein russisches Märchen, aber vollkommen absurd. Und mit Soul City von der Insel La Réunion im Indischen Ozean sehen wir akrobatisches Hip Hop-Spektakel, in das die Traditionen der Kreol-Kultur einfließen. Gemeinsam ist diesen wie den meisten anderen Produktionen, die wir diese Jahr eingeladen haben, dass es umso spannender, aufregender und intensiver wird, je heftiger unterschiedliche traditionelle Eigenarten und scheinbare kulturelle Gegensätzlichkeiten aufeinanderknallen. Und das ist gut so!

Dies ist für Anke und dich die letzte Tanzwoche in verantwortlicher Position. Wie soll es weitergehen?

Julius G. Skowronek: Ja, nach 25 Jahren bewegter und bewegender Zeit treten wir, die die Tanzwoche bisher organisiert, kreiiert und geprägt haben, ins zweite Glied zurück und wollen den Platz für neue Ideen, Formate und Ausprägungen schaffen. Die künstlerische Leitung soll in Zukunft Nicole Meier übernehmen. Sie gehört zu unseren dienstältesten Choreografinnen. Nach ihrer Ausbildung an der Palucca-Schule tanzte sie sich durch die Welt, dem Dresdner Publikum ist sie mit ihren »Carrot Dancers« wohl bekannt. Sie überzeugt durch die Bandbreite ihres Schaffens, ihr tänzerisches Können und das kreative Potenzial ihrer Choreografien. Ein weiterer Fixpunkt für die Zukunft bleibt auch die Zusammenarbeit mit den Landesbühnen Sachsen, die nicht nur herzliche Gastgeber sind, sondern auch mit ihrem Ballett-Direktor Carlos Mattos und seiner Compagnie eine fantastische Facette des zeitgenössischen Tanzes in Sachsen geschaffen haben. Deshalb findet auch dieses Jahr die große Abschlussgala, die Werkschau des Tanzes in Sachsen, in den Landesbühnen statt. Und Boris Michael Gruhl wird es sich nicht nehmen lassen, sie als sein persönliches Abschiedsgeschenk an die Tanzwoche, ein letztes Mal zu moderieren.
Vielen Dank für das Gespräch.

25 Tanzwoche, 19. April bis 1. Mai, das genaue Programm steht im timer, alle weiteren Infos gibt es unter: www.tanzwoche.de

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