■ DRESDNER-Autor Matthias Hufnagl im Gespräch mit dem kanadischen Rock-Derwisch Danko Jones über Durchhaltevermögen, die Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Motörhead-Gitarristen Phil Campbell sowie das Rezept einer guten Rockshow.
25-jähriges Jubiläum im letzten Jahr und mit »Power Trio« das zehnte Studioalbum am Start. Wie fühlt es sich an, so lange dabei zu sein und immer noch die Hallen zu füllen?
Danko Jones: Das ist schon sehr befriedigend. Zu Beginn unserer Karriere wurden wir oft nicht wahrgenommen oder es wurde schlichtweg nicht daran geglaubt, dass wir durchhalten und uns nach einem Jahr überhaupt noch jemand hören will. Wir mussten zusehen, wie andere unter Vertrag genommen wurden und wir nicht. Bands, von denen es einige heute gar nicht mehr gibt. Wir sind noch da. Damit will ich nicht sagen, dass deren Verschwinden von der Bildfläche gut ist. Es hat mehr mit den Leuten zu tun, die uns damals nicht für voll genommen haben.
Du hast mal erzählt, dass anfangs mitunter sogar das Geld fehlte, um unterwegs Essen zu kaufen … ?
Danko Jones: Das war auf unserer ersten US-Tournee und hat mich damals echt mitgenommen. Ich war in San Francisco und hatte gerade noch genug Geld, um mir eine Banane zu kaufen. Man ist 5.000 Meilen von zu Hause entfernt, ziemlich aufgeregt, durch die Vereinigten Staaten zu touren und steht geschockt da. Ohne Kohle und die Unsicherheit, ob man überhaupt etwas verdienen wird, da einen ja noch niemand kennt. Das kann einen ganz schön runterziehen. Heute sind wir zwar noch ein paar Stufen davon entfernt, in großen Stadien zu spielen – uns geht es aber schon ziemlich gut.
Euch eilt der Ruf von einem hart arbeitenden Trios voraus. Ist das die Philosophie: authentisch sein und ackern?
Danko Jones: Ich würde das gerne einfach bejahen, aber das Ganze ist auch aus einer gewissen Notwendigkeit heraus geboren. Natürlich haben wir ein bandeigenes Arbeitsethos, Integrität und moralischen Kompass. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir keine 5 Millionen Platten verkauft haben und uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen können. Die Miete muss bezahlt werden und es fallen allerhand Kosten an, die man zunächst gar nicht auf dem Schirm hat. Um weitermachen zu können, müssen wir Geld verdienen, also Alben veröffentlichen und auf Tour gehen. Wobei selbst Platten im Gegensatz zu früher keine wirkliche Einnahmequelle mehr sind. Heutzutage funktionieren sie eher wie eine Art Visitenkarte, die Aufmerksamkeit generiert und die Leute zu den Konzerten bringt. In diesem Geschäft bist du immer nur so gut wie dein letztes Album, es sei denn du hast Songs wie »Smells Like Teen Spirit« oder »Enter Sandman« im Repertoire. Bei jeder neuen Platte stehen die Zeichen wieder auf Anfang. Wenn also unser Bassist JC meint, dass es langsam wieder Zeit für ein neues Album ist, sitzt man schnell wieder vor einem leeren Blatt. Das hält einen ganz gut auf Trab.
Der letzte Song der Platte trägt den Titel »Start The Show«. Auf diesem Stück mit dabei ist der ehemalige Motörhead Gitarrist Phil Campbell. Wie kam es dazu?
Danko Jones: Wir hatten schon seit Jahren darüber gesprochen, einmal zusammenzuarbeiten. Ich war bereits auf seinem Soloalbum und jetzt macht es mich einfach nur stolz, ihn mit auf dieser Platte zu haben.
Ähnlich wie bei Motörhead erkennt man eure Song in der Regel schon nach den ersten Sekunden. Wiedererkennungswert als Selbstläufer oder harte Arbeit?
Danko Jones: Beides. Die Songs sind immer mit meiner Gesangsstimme verankert. Das ist das Unterscheidungsmerkmal, mehr noch als Gitarre, Schlagzeug oder Bass. Im Hinblick auf die Musik bleiben wir ganz bewusst unserem Genre, dem Hard Rock, treu. Da stehen wir in einer Reihe mit AC/DC, Motörhead, aber auch den Ramones oder Slayer. Oft wird musikalische Integrität mit Weiterentwicklung gleichgesetzt. Dabei besteht die Kunst darin, die gleichen drei Akkorde zu nehmen und sie neu und frisch daherkommen zu lassen, auch auf die Gefahr hin, dass es erst mal gleich klingt. Wenn man dann genauer hinhört, entpuppt sich jeder Song als anders. Es ist ziemlich schwer, bei den ganzen Bands da draußen einen eigenen Sound zu entwickeln. Das wird auch nach zehn Alben weder einfacher noch schwieriger.
Wie ist das gemeint?
Danko Jones: Zehn bis zwölf neue Rocksongs für die nächste Platte zu schreiben, ist uns längst in Fleisch und Blut übergegangen. Das ist es, was wir tun. Wir schlagen nicht mit dem Kopf gegen die Wand und versuchen, etwas zu kreieren, das noch niemand gehört hat. Es ist nicht leicht, wirklich gute Songs zu schreiben, aber einfacher, wenn es dein eigener Sound ist. Würde man von mir verlangen, ein AC/DC- oder Slayer-Album zu schreiben, würde ich scheitern, obwohl ich den Sound und das Rezept gut kenne.
Rezept ist ein gutes Stichwort: Was sind die Zutaten einer guten Rockshow?
Danko Jones: Gut gespielte Songs und Geplänkel mit dem Publikum. Es ist wichtig, eine Verbindung herzustellen und die Leute wissen zu lassen, dass man genau in diesem Moment nirgends anders sein möchte. Auch deshalb war die Pandemie für mich so deprimierend, weil ich all das nicht mehr tun konnte. Ein gutes Line-Up an Bands und eine angenehme Gesamtatmosphäre gehören auch dazu. Niemand hat Bock auf schlechte Laune. Der Sinn einer Show ist es, zu genießen und die Welt da draußen zu vergessen. Das ist letzten Endes die Aufgabe eines Entertainers.
Danko Jones sind am 1. Dezember 2022 live in der Reithalle / Strasse E zu erleben; mehr zur Band unter www.dankojones.com/